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Akira (Limited Special Edition)

Plakat

Originaltitel: Akira

Laufzeit: 124 Minuten

FSK: ab 16 Jahren

Deutsche Sprecher (der Einfachheit halber beziehen wir uns im Folgenden nur auf die 2005er Synchronfassung): Gerrit Schmidt-Foß, Julien Haggége, Erich Räuker, Sarah Riedel, David Nathan, Detlef Bierstedt

Regie: Katsuhiro Otomo

Seit dem 31. Oktober auf Silberscheibe und Blauling.

 

Die ferne Zukunft des Jahres 2019: 31 Jahre nach dem tragischen wie rätselhaften Unfall, der die Hauptstadt Japans zerstörte, pulsiert längst wieder Leben im neu gegründeten Neo-Tokio. Fast schon etwas zu viel davon: Studentenaufstände, Endzeitsekten und Motorradgangs bestimmen einen nicht geringen Teil des Stadtbildes. Wir verfolgen zunächst die Abenteuer der Motorradgang von Kaneda (Julien Haggége), die sich mit den rivalisierenden „Clowns“ ein kleines Duell liefert, wobei Zögling Tetsuo (Gerrit Schmidt Foß) zwischendurch auf ein merkwürdig gealtertes Kind trifft, das nicht nur von Regierungstruppen verfolgt wird, sondern auch über übernatürliche Kräfte zu verfügen scheint. Besagter Tetsuo entwickelt nun auch äußerst merkwürdige Kräfte, sodass unsere Gang nun rasch zwischen die Intrigen von Politik, Wirtschaft und Militär gerät. Und immer wieder fällt der Name „Akira“, der wohl in Zusammenhang mit der Zerstörung des einstigen Tokio steht.

Szenenbild 1

Ein wenig hat der Zahn der Zeit ja schon an „Akira“ genagt – vor allem die Optik ist für die heutigen Ansprüche an Zeichentrick allgemein und Anime im Speziellen doch etwas altbacken. Zumindest in Hinsicht auf die Animationen und Lichteffekte ist man als Zuschauer da mittlerweile durch die Möglichkeiten digitaler Mittel viel verwöhnter. Aber gleichzeitig ist es faszinierend, wie frisch und zeitlos Katsuhiro Otomos kleines Meisterwerk an anderer Stelle geblieben ist.

So ist es immer noch grandios, wie sich der Film einer klassischen Hauptfigur erwehrt: Weder Tetsuo, der die handlungsrelevanteste Wandlung durchmacht, noch Kaneda, der charakterlich am ehesten einem Helden entspricht, stehen wirklich im Zentrum der Geschichte. Stattdessen wirken beide nur wie die Spielbälle höherer Mächte, und selbst die eigentlichen Machthaber, seien es Politiker, Militärs oder die mit rätselhaften Kräften ausgestatteten „Kinder“, die wir ja schon ansprachen, sind eher mit Rätseln und Reagieren beschäftigt denn mit heldenhaften Taten. Dazu passt natürlich auch, dass wir erst ziemlich spät Informationen zum titelgebenden Akira bekommen, die tatsächlich mal etwas mehr sind als mythenumranktes Hörensagen. Das alles schafft eine tolle, zum Schneiden dichte Atmosphäre, die einen auch heute noch super in ihren Bann zu ziehen vermag.

Toll ist auch die Balance der einzelnen Figuren. So ist der immer düsterer werdenden Figur des Tetsuo der mit vollem Straßenjungencharme ausgestattete Kaneda entgegengestellt, der nebenbei ja noch ein Mädchen zu beeindrucken hat, was der ansonsten so düsteren Handlung die genau richtige Dosis Humor und Auflockerung verschafft. Auch die restlichen Figuren funktionieren beeindruckend gut und die Handlung hat auch heutzutage nichts von ihrer Faszination verloren. Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch, dass man sich am Ende nicht allzu sehr irgendwelchen esoterischen Eskapaden hingab (während er dies schreibt, wirft der Verfasser dieser Kritik übrigens einen leicht vorwurfsvollen Blick auf die „Neon Genesis Evangelion“-DVDs in seinem Regal), sondern stattdessen lieber erklärungstechnischen Mut zur Lücke zeigte. Man muss ja auch nicht immer alles ausformulieren.

Szenenbild 2

Über jeden Verdacht der Altbackenheit erhaben indes ist der Score aus der Feder von Shoji Yamashiro, dessen Mixtur aus traditionell-folkloristischer Instrumentalmusik und Chorstücken exakt so dramatisch und atmosphärisch ist, wie es die entsprechenden Szenen des Films brauchen. Und die Akustik bringt uns dann auch direkt zu den Besonderheiten der vorliegend neuaufgelegten Limited Special Edition. Die ist in ihrem schmucken Steelbook nämlich nicht nur schön anzusehen, dem hübsch gestalteten Begleitheft können wir auch entnehmen, dass zumindest in der Blu-ray-Fassung auf der japanischen Originaltonspur etwas ganz Besonderes auf den Zuschauer wartet: Der Hypersonic-Effekt.

Komponist Yamashiro, der im bürgerlichen Leben auf den Namen Tsutomu Oohashi hört und nicht nur Molekularbiologe, Umwelt-Anthropologe und Philosoph, sondern auch Hirnforscher ist, will nämlich herausgefunden haben, dass Klänge im Ultraschall-Bereich auf ganz basalem Level auf unser Hirn wirken und nicht nur für ein umwerfendes Filmerlebnis sorgen sollen, nein, die mit solchen ultrahohen Frequenzen ausgestattete Tonspur von „Akira“ sei sogar ganz allgemein sehr gesund! Natürlich geht das aus technischen Gründe nur auf der Blu-ray-Variante und vor allem benötigt man zuhause auch Lautsprecher, die diese Frequenzen (also bis zu 100 Kilohertz) auch wiedergeben können. Klingt schon ein wenig verrückt, aber wer weiß, vielleicht wird das ja der neue heiße Scheiß, wenn 3D und HFR wieder vom Tisch sind. Immerhin wurden bei letztgenannten Systemen bis dato keine wissenschaftlich erwiesenen Verbesserungen der Gesundheit berichtet. Eher im Gegenteil – von 3D wird einem ja bekanntlich übel, wenn man vorher zu viel gebechert hat.

Aber wie auch immer. Man kann von diesem Effekt nun halten, was man möchte, ein interessantes Gimmick dürfte er auf jeden Fall darstellen, auch wenn man dafür nicht extra seine Heimkinoanlage nachrüsten sollte (außer natürlich, man hat sowieso gerade einen Geldsegen). Und er ist auch nicht das Einzige, das die „Akira“-Neuauflage zu bieten hat. Neben dem schon erwähnten hübschen Begleitheft und einigen Original-Trailern finden sich noch ein sehr detailliertes Making-of zur Musik des Films sowie ein ganz gelungenes Feature zur Animationstechnik. Das Herz des Rezensenten höher schlagen ließ allerdings der Umstand, dass beide deutsche Synchronfassungen (also sowohl die 1991er Kinofassung als auch die der Heimkino-Veröffentlichung von 2005, welche nach Meinung des Rezensenten einen Tacken besser ist) anwählbar sind – Welch‘ hübscher Luxus!

Szenenbild 3
Fazit:
Ob der immer noch tollen Handlung und Figuren fragt man sich ja schon ein wenig, warum noch nie ein Remake des Filmes das Stadium des Gedankenspiels signifikant verlassen konnte, denn mit etwas verbesserter Optik wäre „Akira“ auch heute noch ein echtes Schmuckstück. Aber auch mit der Patina von knapp einem Vierteljahrhundert ist der Film immer noch ein Hingucker, der weiterhin eines Blickes wert ist. Und das durchaus auch für Nicht-Anime-Fans, denn der Zeichenstil ist eher westlich gehalten und angenehm unaufgeregt. Und wenn man einen Blu-ray-Player und eine richtig, richtig gute Soundanlage sein eigen nennt, soll er ja -wissenschaftlich erwiesen! – sogar ein echter Augenöffner sein. Der Autor dieser Zeilen glaubt das jedenfalls einfach mal unbesehen und vergibt davon gänzlich unabhängige 7/10 Punkte.
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Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →