Buck – Der wahre Pferdeflüsterer

Filmplakat

Originaltitel: Buck

Laufzeit: 88 Minuten

FSK: ab 6 Jahren

Hauptdarsteller: Buck Brannaman, Robert Redford, Mary Brannaman, Reata Brannaman, Betsy Shirley

Regie: Cindy Meehl

Seit dem 31. Mai 2012 in den Kinos.

 

Der charismatische Robert Redford zeigte sich 1998 in der Rolle des spröden Pferde- und Frauenverstehers und stahl dabei nicht nur tierische Herzen. Doch hinter dieser Figur stand ein realer Mann: Dan „Buck“ Brannaman. Seinen Hut hat er tief in das von Falten durchfurchte Gesicht gezogen und ab und zu blitzen seine scheuen, blauen Augen hervor. Buck ist ein eher zurückhaltender Mensch. Eben ganz anders, als es die Mythen um seine Person vermuten lassen würden: Denn Buck ist ein Pferdeflüsterer. Er gehört zu jenen Menschen, die ein besonderes Gespür für Pferde haben. Sie können mit ihnen kommunizieren und verstehen sie auf eine magische Art und Weise.

Szenenbild 1 (Foto: NFP)

Doch die Herkunft der Bezeichnung „Pferdeflüsterer“ ist weniger rühmlich. Viele Jahrhunderte war es Brauch, Pferde mit Gewalt gefügig zu machen: Schmerzhaftes Geschirr und Peitschenhiebe waren gängige Methoden. Viele so genannte „Pferdeflüsterer“ hielten dem Pferd so lange die Nüstern zu, bis diese zu ersticken drohten und so ihr Widerstand gebrochen war. Eine erneute, kurze Berührung der Nüstern wirkte daher wie eine magische Geste, die dem Pferd sofort Gehorsam einzuflüstern schien. Doch Buck Brannaman verabscheut diese Gewalt. Er sieht das Pferd nicht als ein Tier, das gezähmt werden muss, sondern als Freund und Partner, den er zu Kooperation ermutigen will.

Und genau diesen gewaltfreien Weg will er auch anderen Menschen zeigen. Er reist durch ganz Amerika, um seine gewaltfreie Philosophie der „natürlichen Reitkunst“ zu verbreiten. Regisseurin Cindy Meehl hat den Pferdeflüsterer begleitet und seine Arbeit mit Mensch und Tier dokumentiert. Brannaman bietet verschiedene Seminare an, in denen er mit Pferden und dessen Haltern arbeitet. Er erklärt ihnen die Sicht des Pferdes: Das Tier sei schon allein aufgrund des menschlichen Körpergeruchs skeptisch. Zudem empfindet es das Anschnallen von Zaumzeug und Sattel aus toten Tierhäuten als befremdlich und das Reiten auf dem Rücken gleicht einem Raubtier-Angriff.

Buck-Regisseurin (Foto: NFP)

Die Dokumentation mischt Seminar-Szenen, Interviews mit Brannaman, seiner Familie und Freunden, sowie alte Fotos und Videos. Sogar Schauspieler und Regisseur Robert Redford kommt zu Wort. So porträtiert Regisseurin Cindy Meehl den so genannten „Horseman“ und versucht, seine Gabe zu ergründen. Dabei kommt sie auch auf dessen Lebensgeschichte zu sprechen. Buck wuchs mit einem gewalttätigen Vater auf. Als seine Mutter starb, brach für ihn die Hölle aus. Der Alleinerziehende schlug ihn und seinen Bruder und drillte sie zu Lasso-Künstlern, die in Fernsehshows auftraten – bis die Misshandlungen endlich aufflogen. Die beiden völlig verstörten Kinder kamen in eine Pflegefamilie. Seither verachtet Brannaman Gewalt – sowohl gegenüber Menschen als auch gegenüber Tieren.

Szenenbild 2 (Foto: NFP)

Wie schon bei anderen Tier-Trainings-Formaten – wie zum Beispiel dem „Hundeprofi“ – offensichtlich wird, ist weniger das Tier das Problem, sondern der Mensch. So muss Brannaman über seine Pferde-Seminare hinaus nach Ursachen forschen und trifft dabei oft auf persönliche Probleme und innere Konflikte der Pferdebesitzer. Wenn Buck auf Pferdehalter trifft, die verantwortungslos mit ihren Herden umgehen, verliert er schon mal sein Verständnis. Wie bei folgender Frau: Sie führt einen Hof voller ungezähmter Hengste, die Menschen angreifen, treten und beißen. In einem langen Monolog hält er ihr eine kräftige Standpauke:

Du bist verrückt, so viele Hengste auf einem Haufen zu halten. Keine Ahnung, was du damit beweisen willst. Da steckt vermutlich eine viel größere Sache dahinter, als bloß die Geschichte mit diesem Pferd. Dieses Pferd verrät mir ’ne Menge über dich. Das bringt das Problem, um das es hier wirklich geht, zutage. Vielleicht musst du ein paar Dinge über dich selbst lernen. Und dieses Pferd ist der einzige verdammte Weg, damit das endlich geschieht – und auf andere scheinst du nicht zu hören.

In Szenen wie diesen wirkt Brannaman teilweise überheblich und anmaßend – wenn auch zu Recht. Wie gefährlich das Pferd ist, zeigt sich noch im Laufe des Films. Aber einen kritischen Umgang mit solchen Vorkommnissen erlaubt die Regisseurin leider nicht. So ist ihre Dokumentation eher ein Fan-Porträt, das stellenweise nur so vor amerikanischer Pathetik strotzt: Schroffe Country-Gitarrenklänge, weit schweifende Landschaftsaufnahmen und Slow-Motion-Sequenzen geben ein übertrieben makelloses Bild. Allein der Filmtitel ist Pathos-Programm. Zudem verpackt die Regisseurin die traumatische Lebensgeschichte von Brannaman in viel zu viel Melodramatik. All das lässt an der Glaubwürdigkeit des Filmes zweifeln.

Fazit:

Nichtsdestotrotz zeigt die Dokumentation die Trainings- und Lebensphilosophie eines eindrucksvollen Menschen. Deshalb ist „Buck“ auch für weniger Pferde-Affine interessant und gibt einen spannenden Einblick in die Kunst des Pferdeverstehens. Trotz alledem wird Folgendes völlig vernachlässigt: Die gewaltfreie Unterweisung von Pferden ist unbestritten ein Fortschritt. Trotzdem unterwirft der Mensch letztlich das Tier. Wildpferde werden eingefangen und „gezähmt“. Eine fragwürdige Prozedur – egal ob gewaltfrei oder nicht. Für die gut gemachte Dokumentation gibt’s daher Abzüge und nur 7/10 Punkten.

 

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Sophiawenn sich die gebürtige und nach wie vor Heimatstadt verliebte Leipzigerin nicht gerade als freie Journalistin, Lektorin und Sprecherin durch den Medien-Dschungel schlägt, ist ihre Stimme vor allem in Kulturradios zu hören – dabei kann sie allerdings nie die Finger von Filmen lassen.Zeige alle Artikel von Sophia →