Dein Weg

Filmplakat

Originaltitel: The Way

Laufzeit: 123 Minuten

FSK: ohne Altersbeschränkung

Hauptdarsteller: Martin Sheen, Emilio Estevez, Yorick Van Wageningen, Deborah Kara Unger, James Nesbitt

Regie: Emilio Estevez

Ab dem 21. Juni in den Kino.

 

Der alteingesessene Augenarzt und Witwer Tom Avery (Martin Sheen) erfährt vom Tod seines einzigen Sohnes Daniel (Emilio Estevez). Der hatte gegen den Vater aufbegehrt und sein Studium kurz vorm Abschluss abgebrochen. Er wollte die Welt entdecken und hat sich mit Wanderschuhen und Rucksack auf nach Europa gemacht – auf Selbstfindungsreise über den Jakobsweg. Doch noch bevor er seine Reise antreten konnte, fiel er einem Wetterunglück zum Opfer und als Tom dessen Leichnam zurück nach Hause holen soll, sieht sich der verstockte, Golf spielende Vater mit der verdrängten Distanz zum eigenen Sohn konfrontiert. Geschockt und gedankenversunken überlässt Tom seinen toten Sohn dem Feuer und entschließt sich, Daniels unvollendete Reise mit dessen Asche zu Ende zu bringen. Doch dabei soll es nicht bleiben. Denn seinen Weg kreuzen auch weitere, ganz verschiedene Menschen, die ihn seine Lebenseinstellung immer mehr überdenken lassen.

 

Szenenbild 1 (Foto: KochMedia)

 

Vorab: Emilio Estevez hat bei „Dein Weg“ überall seine Finger im Spiel: Er hat das Drehbuch geschrieben, Regie geführt und gibt sogar noch in vereinzelten Szenen seine „Schauspielkunst“ zum Besten. Und für die Hauptrolle hat er eigens seinen Vater Martin Sheen verpflichtet. So überträgt Estevez die reale Vater-Sohn-Beziehung auf den Film und zieht auch Parallelen zum erzkatholischen Martin Sheen.

Nun, Parallelen hin oder her: „Dein Weg“ zeigt von vorne bis hinten, wie man einen Film definitiv nicht machen sollte. Und das fängt nicht nur beim Filmtitel an: Die deutsche „Fehlübersetzung“ vom neutralen „The Way“ – der Weg – zum melodramatischen „Dein Weg“ ist geradezu bezeichnend für das Zuviel an Pathos den Estevez bei zahlreichen Szenen auf die Leinwand schmiert. Dabei ist die Handlung eigentlich ganz annehmbar. Also warum hat sie Estevez so überinszeniert und komplett verhunzt? Liegt es an mangelnder Distanz vom Regisseur zur Filmgeschichte? Oder an der recht ausgelaugten Besetzung? Oder einfach daran, dass es eben einen erheblichen Unterschied zwischen europäischem und amerikanischem Kino gibt?

Denn die Tragikkomödie ist schlichtweg ein rein amerikanischer Blick auf den Jakobsweg: platt, fantasielos, zu dick aufgetragen. Da werden ganz annehmbare Landschaftsaufnahmen mit schlechter Country- oder Pop-Musik von Alanis Morissette oder Coldplay kaputt gespielt. Hinzu kommen unschlüssige Figurmotivationen und klischeehafte Kultureinblicke. Dazu gesellt sich ein unglaublich schlechter Humor, der an Stereotypie und Einfallslosigkeit nicht zu überbieten ist. Und weil die Ideen einzeln genommen nicht zu Ende gedacht sind, wird das Ganze einfach damit ausgeglichen, dass von allem zuviel draufgemacht wird – viel hilft ja bekanntlich viel. Nur bei der Bildqualität wurde mächtig gespart. Das wird aber sicher unter „filmische Ästhetik“ verbucht.

 

Szenenbild 2 (Foto: KochMedia)

 

Unbedacht und schamlos trampelt „Dein Weg“ auf dem Mythos des weltberühmten Pilgerwegs herum. Nichts Halbes, nichts Ganzes – ein unausgegorener Hybrid: zwischen mühsam konstruierter Vater-Sohn-Geschichte und einseitigem Abbild der Pilgerfaszination, gespickt mit Pflichtpanoramen der Jakobswegslandschaft. Die gesamte Handlung ist schrecklich vorhersehbar, monoton und übertrieben. Eine schlichte Selbsterfahrungsdoku hätte es sicherlich auch getan – aber wen hätte das schon interessiert, seitdem – nichts für ungut – Estevez in seiner Karriere als Schauspieler kaum etwas Bleibendes zustande bekommen hat.

Und mit den übrigen Darstellern sieht es nicht anders aus. Der Einzige, der noch halbwegs punkten kann, ist Martin Sheen. Doch auch ihm ist anzusehen, dass ihm der reuige und plötzlich abenteuerlustige Golfer nicht so recht passen will. Neben ihm die kettenrauchende und übellaunige Sarah, gespielt von einer absolut abgefuckten Deborah Kara Unger, die seit „Silent Hill“ äußerlich kaum mehr wiederzukennen ist: ausgemergelt, dürr und unendlich müde. Das hat sie wohl auch für diese Rolle prädestiniert – aber Aussehen allein reicht eben nicht. Bei einem fast bewegungslosen Gesicht ist Schauspielerei kaum möglich. Allgemein wirken die Gesichter der gesamten Besetzung müde und antriebslos. Was der hyperaktive James Nesbitt als schreibblockierter Autor Jack wohl wieder wettmachen sollte – die Betonung liegt auf „sollte“. Wie ein nerviges Eichhörnchen überfrachtet er die lahm inszenierte Story mit seinem unangenehmen Witz.

 

Szenenbild 3 (Foto: KochMedia)

 

Fazit:

Wer etwas über den Jakobsweg erfahren will, hat mit herkömmlichen Reiseführern oder einfacher Selbstrecherche mehr gelernt als bei diesem Film. Na ja, die Landschaftsaufnahmen sind ganz nett. Aber das schöne Kinogeld ist bei anderen Filmen besser aufgehoben. Oder einfach selbst mal durch den Wald spazieren gehen. Ist auch schön – 2/10 Punkten.

 

 

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Sophiawenn sich die gebürtige und nach wie vor Heimatstadt verliebte Leipzigerin nicht gerade als freie Journalistin, Lektorin und Sprecherin durch den Medien-Dschungel schlägt, ist ihre Stimme vor allem in Kulturradios zu hören – dabei kann sie allerdings nie die Finger von Filmen lassen.Zeige alle Artikel von Sophia →