Dredd

Plakat

Internationaler Titel: Dredd

Laufzeit: 96 Minuten

FSK: ab 18 Jahren

Darsteller: Karl Urban, Olivia Thirlby, Lena Headey, Wood Harris, Domhnall Gleeson

Regie: Pete Travis

Ab dem 15. November in den Lichtspielhäusern.

 

 

Die nicht übermäßig ferne Zukunft: Wieder einmal haben wir unser immenses Talent zur Selbstzersörung ausgiebig genutzt und einen Großteil der Erdoberfläche zu unbewohnbarem, radioaktivem Ödland verarbeitet. Die Menschheit lebt deshalb notgedrungen in riesigen Metropolen, den Mega Cities. Eine davon, Mega City One, erstreckt sich über das ehemalige Gebiet von Boston bis Washington (ja, D.C.). Hier leben über 800 Millionen Menschen in zweihundertstöckigen Wohnblöcken, jeder für sich eine eigene, kleine Welt. Und wie in allen anderen Riesenstädten auch kollabierte hier das Justizsystem, sodass in einem Ausbruch purer Verzweiflung von Seiten der Gesetzgeber die Gewaltenteilung aufgehoben werden musste. Resultat sind die Judges, die Exekutive und Judikative in ihrer Hand bündeln und für so für wenigstens ein bisschen mehr Ordnung auf den Straßen sorgen. Einer dieser Polizisten, Richter und Scharfrichter in Personalunion ist Joseph „Joe“ Dredd (Karl Urban). Dredd ist eine Legende, ein angstvoll geflüstertes Wort in der Halbwelt. Und er bekommt eine Azubine an seine Seite beordert. Von oberster Stelle. Denn Cassandra Anderson (Olivia Thirlby), so heißt der Neuling, ist zwar durch die Judge-Aufnahmeprüfung gerasselt, doch von unschätzbarem Wert, da telekinetisch begabt. Es hat eben auch Vorteile, nah am verstrahlten Niemandsland geboren zu sein. Wie auch immer, unser Supercop darf nun die kleine Cassie mit auf Streife nehmen, um eine Zweitmeinung bezüglich ihrer Tauglichkeit abzugeben. Blöd nur, dass ihr erster Einsatz sie ausgerechnet in den Wohnkomplex „Peach Trees“ führt, wo sie bei einer Razzia exakt den falschen Gangster hopsnehmen, nämlich Kay (Wood Harris). Der weiß zu viel über die hochtrabenden Pläne der lokalen Bandenchefin Ma-Ma (Lena Headey), wodurch unsere beiden Judges ziemlich schnell einen ganzen Wohnblock gegen sich haben. Und weit, weit oben, im 200. Stockwerk, wartet Ma-Ma wie eine Spinne in ihrem Netz.

Szenenbild 1

Hm. Polizisten in hoffnungsloser Unterzahl müssen sich gegen einen ganzen Wohnblock bis in die oberste Etage durchkämpfen. Das kommt einem zu Recht bekannt vor. Doch während „The Raid: Redemption“ vor gut vier Monaten nicht so richtig viel aus dieser Prämisse herausholen konnte, macht „Dredd“ hier alles richtig: Schöne, geradlinige Action in konsequenter Durchsetzung und mit nur kurzen Verschnaufpausen, umrahmt von exakt der richtigen Menge an Handlung. Die ist Gottseidank komplett anders als die doch etwas derbe überdrehte Guter-Klon-böser-Klon-Geschichte der Stallone-Variante und glänzt vielmehr durch Bescheidenheit: Wir bekommen nicht mehr und nicht weniger zu sehen als einen normalen Arbeitstag unseres Lieblingsjudges. Dementsprechend wirkt Karl Urbans Charakter auch eher wie ein Handwerker denn wie ein Held, eher wie einer, der halt seinen Job macht. Der wenigstens eines der unzähligen Verbrechen seiner Stadt aufklärt, während statistisch gesehen neunzehn weitere ungesühnt bleiben werden. Und der weder die Welt noch die Stadt retten muss, sondern einfach nur eine Bandenchefin zur Strecke bringen will. Wobei er – ein Tribut an die Comicvorlage – niemals seinen Helm abnimmt und uns stattdessen durch das wundervoll-griesgrämige Spiel seiner Mundwinkel und die Mutter aller Reibeisenstimmen (von der sich hoffentlich auch genug in die deutsche Fassung retten kann – uns lag nämlich wie so oft nur die Originalfassung zur Rezension vor) zu unterhalten weiß. Welch eine erstklassige Leistung, die uns Urban da präsentiert! Außerdem, oh wie wundervoll, ist da endlich einmal wieder eine Heldenfigur, die im Laufe ihres Filmes keine erzwungen-notwendige Charakterentwicklung durchmachen muss. Joe Dredd ist am Anfang dieses Filmes der gleiche wie am Ende. Warum sollte man ihn auch ändern wollen?

Überraschend nützlich für die Handlung ist dabei auch Judge Anderson, die vor allem zu Beginn des Films eine praktische Projektionsfläche für die Fragen des eventuell mit der Welt von Dredd nicht so bewanderten Zuschauers abgibt und auch ansonsten eine schön stimmige Einführung in die Welt unseres Filmes ermöglicht. Außerdem spielt Olivia Thirlby ihre Rolle gut genug, um nicht als Eyecandy mit MacGuffin-Psychofähigkeit untergehen zu müssen. Und auch der Rest des Casts ist angenehm spielfreudig, nur Lena Heady hätte für ihre Bösewichtsrolle noch etwas mehr Charisma aus sich herauskitzeln können.

Szenenbild 2

Doch so lobenswert die angenehm unprätentiöse Story, die hübsch gezeichneten Figuren und die guten Darsteller auch sind, was in „Dredd“ letztlich zählt, ist natürlich die Action. Und die bekommen wir auch zur Genüge. Denn da es nur etwa zehn Minuten braucht, um die Welt von Mega City One als schlüssig und atmosphärisch darzustellen, kommt auch angenehm schnell der Punkt, an dem sich Dredd, Anderson und ihr unfreiwilliger Begleiter Kay wortwörtlich von Level zu Level nach oben kämpfen müssen. Eher einem Computerspiel gleich, als einem Comic. Und hier hält „Dredd“ dann endlich, was uns schon „The Raid“ versprochen hatte: Keine dämlichen Plot-Twists, keine Soap-Einlagen, keine verkrampft überraschen wirkenden Wendungen – einfach nur schöne, klassische Action. Ballern aus verschiedensten Wummen (wobei sich natürlich die Lawgiver der Judges klar die Favoritenrolle sichern und als klare Bereicherung für jeden weihnachtlichen Gabentisch beweisen konnten), ein paar Faustkämpfe und herrlich markige Sprüche. Außerdem gibt es da ja noch diese Droge namens SloMo, die einen alles in Zeitlupe wahrnehmen lässt. Denn wenn alles um einen herum Kacke ist, dann muss man das Schöne im kleinsten Moment suchen. Oder so. Ein nicht uninteressanter Gedanke. Und selbstverständlich auch ein schöner Anlass für einen stilsicher umgesetzten Slow-Motion-Shootout. Wobei auch hier wieder das Schönste die Zurückhaltung ist, mit der diese Technik verwendet wird. Denn mehr als die drei, vier Szenen, in denen man sich mit dieser Idee austobt, wären sowieso langweilig gewesen. Ansonsten ist die Kameraführung schön unaufgeregt, die Kulissen sind herrlich betonlastig trostlos und die Ausstattung ist tatsächlich hübsch an aktuelle Sehgewohnheiten angepasst worden: Weg ist all das Bling-Bling der Stallone-Variante, die Kampfanzüge der Judges muten nun tatsächlich funktional und, ja, realistisch an. Ohne dabei wie eine stumpfsinnige Modeerscheinung im Zuge der Nolanschen Batman-Neuauflage zu wirken.

Und wenn dann schließlich die Nacht vorbei ist, die Schurken verurteilt sind und unsere beiden Helden wieder ins Sonnenlicht treten dürfen, dann ist das schon ein schönes Gefühl, das sich da in einem ausbreitet.

Szenenbild 3

Fazit:

Heissa, was für ein Spaß! Und wo steht geschrieben, dass Filme mit Action satt immer platt sein müssen? „Dredd“ jedenfalls brilliert geradezu mit einer toll gezeichneten SciFi-Welt, ausgezeichneten Darstellern, und einer hübschen, angenehm alltäglich wirkenden Story. Und ja, mit Action satt. Ein Film für alle, die von „The Raid“ eher enttäuscht waren. Und natürlich auch für alle, die endlich mal wieder einen nicht allzu dämlichen Actionfilm zu sich nehmen wollen. Unser Urteil: Fette 8/10 Punkte. Ansehen!

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Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →

  1. Gurkenbroetchen12.11.2012

    „Dredd 3D“ bekommt überraschend viele positive Kritiken. Scheint ein wirklich guter Actionstreifen zu sein. Wenn er heute nicht in der Sneak kommt, stehe ich kommendes WE vor der Entscheidung Dredd oder Cloud Atlas. -_-