La Grande Bellezza DVD

La Grande Bellezza – Die große Schönheit

Plakat

Originaltitel: La Grande Bellezza

Laufzeit: 147  Minuten

FSK: ab 12 Jahren

Besetzung: Toni Servillo, Carlo Verdone, Sabrina Ferilli

Regie: Paolo Sorrentino

Ab dem 07. März in den auf Silberscheibe und Blauling.

 

Wir sind in Rom. Ein Frauenvokalensemble interpretiert das sphärisch-schöne Stück „I Lie“ von David Lang, während eine japanische Touristengruppe sich von der Schönheit der ewigen Stadt erzählen lässt. Ein älterer Teilnehmer dieser Gruppe steht etwas abseits, macht, wie man es von japanischen Touristen erwartet, ein Foto der wunderschönen Aussicht – und fällt um. Ist er gestorben? Erschlagen von der Schönheit jenes Augenblicks? Wir werden es nicht erfahren, denn die Szenerie wechselt bereits.

Hin zu einer hippen Party. Denn Jep Gambardella (Toni Servillo), einstmals gefeierter Autor eines wegweisenden Romans, immer noch erfolgreicher Journalist und wohl auf ewig ein perfekter Lebemann sowie selbsternannter König der mondänen Welt, wurde jüngst 65 Lenze alt! Und für die nächsten gut zweieinhalb Stunden werden wir ihm folgen, diesem stets sensiblen, aber oft auch etwas zynischen alten Künstler, der, wenn man ihn ausreichend reizt, zwar aufs Bitterste verletzend boshaft werden kann, aber immer elegant und kultiviert bleibt – und niemals langweilig wird. Und so lässt man sich gern mitnehmen, wenn er durch ein Rom wandelt, dessen Schönheit man so als Tourist wohl immer bewundern wollte, wissend, dass sie in dieser Form niemals Realität sein kann. Dabei begegnen wir unter anderem einer alten Grand Dame des Kinos sowie einer echten Heiligen, die ihm und uns wichtige Lektionen über Armut und Wurzeln erteilen wird.

Vor allem aber lernen wir, wie unwichtig eine klar erzählte Handlung im Angesicht von Schönheit wird.

Szenenbild 1

Eigentlich hatte Regisseur Paolo Sorrentino ja schon mit seinem letzten Film „Cheyenne – This must be the Place“ ein echtes Meisterwerk abgeliefert, doch sein neuester Coup stellt tatsächlich noch eine weitere Steigerung seiner Kunstfertigkeit dar. Wie schon bei „Cheyenne“ (und, wo wir schon darüber sprechen, auch bei „Il Divo“, Sorrentinos einzig anderem Film, der hierzulande zu bekommen ist) ist das am stärksten herausstechende Merkmal von „La Grande Bellezza“ die quasi perfekte Inszenierung in allen optischen Bereichen des Films: Eine herrlich unaufgeregt geführte Kamera fing hier Szenen ein, die bis ins kleinste Detail durchgeplant wirken. Nicht einmal der kleinste verstreute Lichtstrahl wirkt hier zufällig, so als hätte ein meisterhafter Maler jedes Einzelbild des Films arrangiert. Selbstredend schreit dadurch fast jede Einstellung von „La Grande Bellezza“ nach einer möglichst großen Leinwand, um maximal auf den Betrachter wirken zu können.

Untermalt werden diese beeindruckenden Bilder durch perfekt darauf abgestimmte Musik, mal andächtig und sakral, mal reiner Pop (wenn auch zumeist italienischer Pop). Aber immer mit perfekter Unterstützung der jeweiligen Atmosphäre und oft auch so passend, dass man auch Wochen später noch automatisch an die entsprechende Szene denken muss, sollte man zufällig über eines der Stücke stolpern. Was einem in diesem Ausmaß sonst eigentlich nur bei Quentin Tarantino passieren kann.

Szenenbild 2

Perfekte Bilder allein allerdings machen natürlich noch keinen perfekten Film. Und wenn wir einen Blick auf die Handlung werfen, dann stoßen wir auch auf die eine Kröte, die man eventuell als Zuschauer schlucken muss: „La Grande Bellezza“ hat nämlich über weite Strecken nur eine sehr marginal vorhandene Handlung. Viele Szenen folgen nur lose miteinander verknüpft aufeinander, wodurch der Film manchmal wie ein Flickenteppich oder wie ein Puzzlespiel wirkt. Wohlgemerkt allerdings wie ein einnehmend attraktiver Flickenteppich respektive ein sehr spannendes Puzzle, denn keine Szene wirkt störend oder gar überflüssig, auch wenn sich natürlich für jeden Zuschauer individuelle Favoriten herauskristallisieren dürften. Im Falle des Verfassers dieser Kritik war dies ganz klar die Geschichte einer alten Adligen, die sich in ihrem mittlerweile zum Museum umfunktionierten ehemaligen Kinderzimmer schwermütig ihrer unbeschwerten, aber ach so fernen Kindheit erinnert.

Natürlich wäre der Film nur halb so überzeugend, hätte er nicht solch eine herausragend großartige Darstellerriege. Vor allem Toni Servillo schafft es meisterlich, den Film über fast die gesamte Laufzeit zu tragen, aber auch die kleinste Nebenrolle wirkt noch handverlesen passend besetzt.

Szenenbild 3

Obschon ein Film wie „La Grande Bellezza“ freilich am besten im Kino auf großer Leinwand genossen werden möchte, wollen wir trotzdem noch ein paar Worte zur ab kommenden Freitag käuflich erwerbbaren DVD- bzw. Blu-ray-Version verlieren. Denn allein schon der Umstand, dass die Chancen für eine Wiederaufführung in vielen Regionen unseres Landes nur an den unteren Grenzen der Wahrscheinlichkeit kratzen dürften, macht die Heimkinoversion zu einer attraktiven Alternative. Auch die über jeden Zweifel erhabene Bild- und Tonqualität sprechen für den Erwerb. Nur das Bonusmaterial hätte umfangreicher ausfallen können, aber das findet man als Fan eines Filmes wohl immer. Immerhin liegt das angefügte fünfzehnminütige Making-of mit seiner passend meditativen Erzählweise klar über dem Durchschnitt sonstiger DVD-Featurettes. Ansonsten erwarten den Käufer ein achtminütiges und ganz interessantes Interview mit dem Regisseur, der deutsche Trailer, die übliche Trailershow mit Highlights aus dem Programm des Verleihs (löblicherweise sind hier auch die anderen hierzulande erhältlichen Filme Sorrentinos vertreten) sowie das standartmäßige Wendecover ohne FSK-Logo. Letztlich vermisst man in hier eigentlich nur ein wenigstens kleines Booklet, ist aber ansonsten ganz zufrieden.

Szenenbild 4
Fazit:
Sicherlich dürfte „La Grande Bellezza“ nicht jedermanns Geschmack bedienen. Auf keinen Fall ist der Film leichte Kost, aber ein Zuschauer mit ausreichend Muße sollte trotzdem ein außergewöhnliches Filmerlebnis vor sich haben. Und wer Italien liebt oder einfach nur findet, dass es heutzutage keine erwähnenswerte Filmkunst mehr gibt, sollte sich den Film auf jeden Fall genehmigen. Für den Autor dieser Zeilen jedenfalls ist „La Grande Bellezza“ der vielleicht beste, auf jeden Fall aber schönste Film der letzten Jahre. Wenn nicht gar aller Zeiten. Volle Punktzahl. Bravissimo!
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Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →