Transcendence Hauptplakat

Transcendence

Plakat

Originaltitel: Transcendence

Laufzeit: 120 Minuten

FSK: ab 12 Jahren

Besetzung: Johnny Depp, Rebecca Hall, Paul Bettany, Morgan Freeman, Kate Mara, Cillian Murphy

Regie: Wally Pfister

Seit dem 24. April in den Lichtspielhäusern.

 

Dr. Will Caster (Johnny Depp) ist ein Computergenie, das den nächsten Schritt der menschlichen Evolution einläuten will. Sehr zum Ärger der technophoben Terrororganisation „R.I.F.T.“, die deshalb ein Attentat auf ihn verübt. Mit einer verstrahlten Pistolenkugel. Gewiefte Bande. Aber nicht gewieft genug, denn Caster geliebtes Weib Evelyn (Rebecca Hall) lässt die verbliebene Zeit nicht ungenutzt verstreichen und vollendet das Werk ihres Gatten. Indem sie seinen Geist digitalisiert. Das macht Will aber nicht nur um eine verseuchte Blutbahn ärmer, sondern verwandelt ihn gleichzeitig in das Wesen, das auf dieser Erde einem Gott am nächsten kommt. Was wird er tun mit all dieser Macht? Und ist er überhaupt noch Will Caster, oder nur noch ein höhnisches Abbild des einst so umjubelten Wissenschaftlers, eine Monstrosität, der nicht mehr beizukommen ist?

Während jedenfalls der neue, verbesserte Will irgendwo in der Ödnis ein schnarchiges Nest zu einer Fabrik der nanotechnischen Wunder umbaut, regt sich Widerstand in den Reihen der Regierung. Und auch „R.I.F.T.“ wetzt schon die Messer.

Szenenbild 1

Man hört nur wenig Gutes über Wally Pfisters Regiedebüt. Und das leider auch nicht ohne Grund, denn rein als Film betrachtet verkommt „Transcendence“ quasi komplett zum leblosen Thesenstück. Auch wenn einige sehr gelungene Momente eingewoben wurden: So erhalten wir z.B. gleich zu Beginn einen großartig inszenierten Seitenhieb auf die miese Akustik bei Forschungssymposien und bekommen durch eine eingestreute Ausgabe der „Wired“ einen schönen Hinweis darauf, wes Geistes Kind hier an den Ideen tätig war. Doch all dies sorgt leider nicht dafür, dass die erzählte Geschichte groß an Glaubwürdigkeit gewinnt. Im Gegenteil, die Handlung plätschert quasi über die gesamte Laufzeit nur so vor sich hin und besteht zu gefühlten drei Vierteln nur aus einer mäßig motiviert durch herrlich kalte Flure aus Glas und Metall laufenden Rebecca Hall, hin und wieder aufgelockert durch die Ödnis der Wüste und einen Blick ins „Rebellenlager“ der R.I.F.T.-Terroristen, die aber immer etwas derbe planlos in Szene gesetzt wurden, so als hätte keiner der am Script Beteiligten eine Ahnung, warum nochmal sie die in der zweiten Hälfte des Films überhaupt brauchten. Und wenn dann doch mal etwas passiert, dann wirkt es furchtbar gewollt und konstruiert.

Hinzu kommt, dass die Darsteller in fast jeder Szene zeigen, wie deutlich sie mehr Führung durch den Regisseur gebraucht hätten. Gerade Johnny Depp scheint nur als bekannter Name auf den Filmplakaten einen Mehrwert erbracht zu haben, aber auch Morgan Freeman spult nur uninspiriert seine übliche Großvater-Rolle im Leerlauf ab, während Cillian Murphy, von ein paar gelungenen Schnörkeln im Spiel abgesehen, hauptsächlich durch seine weiterhin faszinierende Gesichtsarchitektur punktet. Irgendwo im Mittelfeld treffen wir dann noch auf Rebecca Hall und Paul Bettany, die wohl froh darüber sein dürften, wie vorbildlich sie sich im Vergleich zur Emotions- und Charisma-Allergikerin Kate Mara hielten. Letztgenannte kann sich aber immerhin Hoffnung auf den Titel der langweiligsten Terrorzellenchefin der letzten Jahre machen. Nein, als Film betrachtet lässt sich aus „Transcendence“ bei aller Liebe nur wenig Gutes abgewinnen.

Szenenbild 2

„Da hat er ja schon zum zweiten Mal ‚als Film betrachtet‘ geschrieben. Was hat er denn jetzt schon wieder?“ fragst du dich vielleicht, werter und gewiefter Leser. Tja, mit dieser zugegebenermaßen ziemlich billigen rhetorischen Kapriole versucht der Verfasser dieser Kritik ein riesiges Problem seinerseits zu lösen: Er mochte „Transcendence“. Und zwar richtig. Weil der für ihn eine wahnsinnig inspirierende Meditation über Zukunftstechnologien darstellt, herrlich langsam erzählt, oftmals durch tolle Bilder, ein adäquat kühles Bühnenbild und stets angenehm unaufdringliche Musik untermalt und mit so viel Mut zur Lücke, dass quasi jedes Logikloch bei genug Lust zum Mitdenken wieder vom Zuschauer selbst aufgefüllt werden kann.

Und auch die furchtbar konstruierte Handlung entpuppt sich dabei als kleiner Segen, denn so können die zentralen Thesen des Films fokussiert dargelegt und in einem in dieser Hinsicht tatsächlich gelungenen und vielschichtigen Ende ausformuliert werden, in dem nicht nur – stellenweise fast schon subtil – die wahre Unmenschlichkeit an dieser Geschichte aufgezeigt wird, sondern das auch die Geschichte um das Superwesen Caster zu einem runden, logischen und fast schon klassischen Abschluss bringt. Aber wie gesagt, dabei ist der Film auf die aktive Mitarbeit des Zuschauers angewiesen. Was um Himmels Willen keine Hetzte gegen ein zu dämliches Publikum sein soll, sondern nur eine Klage über die fehlende Eleganz eines Projekts, das unter Idealbedingungen eine echter intellektueller Leckerbissen sein kann. Und die Schuld trägt hier klar Wally Pfister, denn ein richtig guter Regisseur hätte den Zuschauer weitaus kunstvoller abholen können, statt darauf bauen zu müssen, dass er ihm von selbst hinterher dappelt. So aber ist „Transcendence“ eben kein guter (Unterhaltungs-)Film, sondern etwas komplett Anderes, irgendwo zwischen Dokumentation und Experimentalprojekt.

Szenenbild 3
Fazit:
Und so verharrt der Autor dieser Zeilen unschlüssig in Zwiespalt: Einerseits ist „Transcendence“ in allen filmischen Belangen nur knapp oberhalb des Durchschnitts anzusiedeln, andererseits kann er bei genug Muße auf Seiten des Zuschauers wahnsinnig beflügelnd wirken. Damit ist „Transcendence“ in nicht geringen Ausmaßen seiner KI-Hauptfigur ähnlich: Er mag sich in den höchsten geistigen Ebenen bewegen, doch macht er dies mit einer leblosen Kälte, die man erst einmal akzeptieren muss. Der Verfasser dieser Kritik jedenfalls löst seinen inneren Zwist, indem er seinem Bauchgefühl nachgibt und hochsubjektive 8/10 Punkte verteilt, aber eine nur sehr eingeschränkte Weiterempfehlung erteilt. Wer sich also nicht zu den SciFi- oder Depp-Komplettisten zählt, sollte sein Ticket nur in einem Zustand maximaler Wohlgesinnung dem Film gegenüber lösen. Und wird dafür dann vielleicht mit dem seltenen Gefühl von umfassender Inspiration belohnt, das sonst nur richtig gute populärwissenschaftliche Artikel auslösen können.
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Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →

  1. Maik28.05.2014

    Ich mochte den Film auch sehr, er ließ mich jedoch etwas wartend im Kinositz zurück und machte mich nachdenklich mit gemischten Gefühlen. Einserseits großartige futuristische Ideen und Umsetzungen, andererseits die bereits erwähnten stupiden Schauspielerhandlungen und das -naja sagen wir mal doofe- Ende. Es schließt zum Einen zwar ab, aber lässt noch genügend Fragen offen stehen. Schön und nicht so schön auf einmal. Von mir gibts dennoch 8/10 Punkten.