TheVoices Hauptplakat

The Voices

Plakat

Originaltitel: The Voices

Laufzeit: 109 Minuten

FSK: ab 16 Jahren

Besetzung: Ryan Reynolds, Gemma Arterton, Anna Kendrick, Jacki Weaver

Regie: Marjane Satrapi

Im Verleih von Ascot Elite.

Lief am 16. März in der Sneak des Cinestar.

Ab dem 30. April in den Lichtspielhäusern.

 

Eigentlich wirkt Jerry (Ryan Reynolds) ganz normal. Genau wie diese Art Nachbar, bei dem dann alle ganz überrascht sind, wenn er seinen Amoklauf schließlich hinter sich hat. Uns Zuschauer hingegen wundert es natürlich nicht, dass Jerry tatsächlich keinen Preis für psychische Stabilität gewinnen würde, denn wir sehen ihn schon nach kurzer Zeit mit seinen Haustieren sprechen – und sie antworten ihm! Denn unser Jerry hört Stimmen. Aber auch das verwundert uns Zuschauer angesichts des Titels vermutlich nur bei unzureichenden Englischkenntnissen.

Also können wir uns mit unserem Helden auch einfach in das Abenteuer normales Leben werfen, komplett mit einem Job im Versand einer Badewannenfabrik mit arg pinklastiger Corporate Identity, einer süßen Schwärmerei für die aber wirklich anbetungswürdig kesse Britin Fiona (Gemma Arterton) aus der Verwaltung und einem (zumindest anfangs) unerwiderten Angehimmelt-Werden von Seiten der süßen Lisa (Anna Kendrick), ebenfalls aus der Verwaltung. Jaja, diese Sekretärinnen. Stille Wasser und so. Aber wie das nun mal so ist bei schwarzen Komödien – nach einiger Zeit stapeln sich fast zwangsläufig die Leichen. Und – Überraschung! –  auch die können natürlich zu Jerry sprechen. Und brauchen dazu nichtmal mehr einen Körper. Jerry ist halt ein Mann, dem innere Werte wirklich noch etwas bedeuten.

Szenenbild 1

Das richtig Schöne an schwarzen Komödien sind die Momente, in denen das Komische soweit ins Abgründige driftet, dass einem zwangsläufig das Lachen kurz im Halse stecken bleibt. Solche Momente konnte Regisseurin Marjane Satrapi angenehm eindringlich in ihr sonst so locker-flockig inszeniertes Komödchen einbauen, und zwar passenderweise immer dann, wenn die Erzählperspektive mal nicht aus dem verschrobenen Hirn unseres Helden berichtet. Beispielsweise nimmt Jerry dann doch einmal wie vorgeschrieben seine Medikamente und sieht seine bis dahin ganz schmuck wirkende Wohnung plötzlich mit unverklärten Augen. Kein schöner Anblick, soviel sei gespoilert, und als Zuschauer versteht man plötzlich sein eigenmächtiges Absetzen jeglicher Medikation. Was man hingegen umso weniger versteht, ist die vollkommen abwesende Betreuung des armen Tropfs durch irgendeine Form von Haushalts- oder Lebenshilfe, von ein paar Pflichtbesuchen bei einer eher halbherzig zuhörenden Seelenklempnerin mal abgesehen. Das ist dann doch arg unglaubwürdig, oder falls unvorstellbarerweise doch authentisch, dann wirklich skandalös. Hier jedenfalls schwächelt der Film deutlich, doch ohne diese unbegründete fatale Vernachlässigung ginge die gesamte Handlung wohl kaum auf, also sei es verziehen. Immerhin ist die Handlung sonst angenehm rund und das Ende wunderbar passend inszeniert, nämlich exakt zwischen Aberwitz und Abgrund. Und mit einem Ohrwurm, der einen längere Zeit nicht mehr loslassen wird. Da lässt man dann doch gerne mal den einen oder anderen Fünfer gerade sein.

Szenenbild 2

Die Darsteller hingegen wissen fast ohne Abstriche zu überzeugen. Klar, Reynolds spielt nur knapp über Durchschnitt, aber immerhin legt er seinen Jerry angenehm weit vom üblichen Klischee des genialen Psychopathen an, und hier hilft ihm die optimistische Durchschnittlichkeit seines Spiels tatsächlich ausgezeichnet weiter, uns diesen armen Irren näher zu bringen. Auch die Nebenrollen funktionieren ausgezeichnet, vor allem natürlich Gemma Arterton als unglückliche wie arrogante Stadtpflanze in der Pampa und Anna Kendrick als mustergültig-süßes Mädchen von nebenan. Nur Jacki Weaver spult ihre Psychotante etwas zu routiniert ab, aber das könnte natürlich frustrierende Absicht sein. Bezüglich der Nebenrollen sei dann noch lobend erwähnt, dass die sprechenden Haustiere unseres Protagonisten mal nicht billig animiert, sondern schlicht klassisch trainiert wurden. Okay, und dann in der Postproduktion ein paar Mundbewegungen dazu bekamen, aber selbst das funktioniert besser als befürchtet.

Szenenbild 3
Fazit:
Fröhlich pfeiffend balanciert „The Voices“ über einem ansehnlichen Abgrund. Nicht immer glaubwürdig, aber stets unterhaltsam. Wir bescheinigen der Hautpfigur eine paranoide Schizophrenie und dem Film 7/10 Punkte.
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Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →

  1. Das Konzept war interessant und hier und da konnte man auch schmunzeln, allerdings war der Film alles in allem eher mittelprächtig. Im Vergleich dazu war „Der kleine Tod“ ein Volltreffer 😉