Ralph Reichts Teaserplakat

Wreck-It Ralph (OV-Sneak vom 03.12.2012 im Cinestar)

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Deutscher Titel: Ralph reicht’s

Laufzeit: 102 Minuten

FSK: ohne Altersbeschränkung

Darsteller: Christian Ulmen, Anna Fischer

Regie: Rich Moore

Seit dem 06. Dezember in den Lichtspielhäusern.

 

„Im Flug erobert“ – Der Vorfilm:

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Einer lobens- und in jedem Fall auch unterstützenswerten Tradition bei Zeichentrick- und Animationsfilmen folgend, erwartet den Zuschauer vor „Ralph reicht’s“ ein kleiner Kurzfilm. Der trägt den Titel „Im Flug erobert“ (OT: „Paperman“), kostet sein Publikum nur gute sieben Minuten und erzählt uns eine altbekannte Geschichte in nostalgischem Gewand: Ein namenloser, etwas sympathisch-ungelenker Herr trifft auf eine nicht minder sympathische Dame, ebenfalls ohne Namen, doch dafür ausgestattet mit einem Lächeln zum Verlieben. Und siehe da, zwischen den beiden funkt es natürlich, und selbstverständlich werden sie auch stehenden Fußes wieder von den böswilligen Gezeiten des Schicksals auseinandergetrieben. Dass die beiden sich wiedersehen werden, dürfte wohl klar sein, doch wird dies einiges an Papier und auch ein kleines, aber sehr schön inszeniertes Wunder kosten.

Wie schon angedeutet, „Im Flug erobert“ ist altmodisch – und das im schönsten Sinne. Die Geschichte mag vollkommen konventionell sein, doch sie ist wundervoll charmant erzählt, untermalt von einer schön fröhlich-simplen Melodie und ausgestattet mit zwei Hauptfiguren, die sich augenblicklich die Sympathien des Zuschauers erschleichen können. Und das, ohne je ein einziges Wort von sich zu geben, sondern ausschließlich dank herrlich lebendig gestalteter Mimik und Gestik.  Stilistisch passend sind die Bilder, zur Garnitur dargestellt in zwar etwas anachronistisch wirkendem aber überraschend gelungen umgesetztem 3D, angenehm schlicht und in nostalgischem Schwarz/Weiß sowie ganz vereinzeltem Rot gehalten und wirken fast wie klassisch gezeichnet, obwohl sie mittels bahnbrechend neuer Technologie aus üblichen 3D-Animationen berechnet wurden. Das verdient dann schon mal ein kleines „Wow.“ Sollte dies tatsächlich der neue „heiße Scheiß“ (man verzeihe die Wortwahl) im Animationsbusiness werden, kann man sich auf einige hübsche Dinge freuen, auch und gerade in der Langfilmsparte.

Technik hin oder her, „Im Flug erobert“ ist eine herrlich kurzweilige, kleine Geschichte, die einem sogar ein wenig ans Herz geht. Damit verdient sich das Filmchen hocherfreute 8/10 Punkte und stellt einen vielversprechenden Start in den Filmabend dar.

Vorfilm - Szenenbild

Doch widmen wir uns nun dem Hauptfilm:

Es ist von verführerisch großem Titelbezug, lieber Leser, dich darauf hinzuweisen, dass es Randale-Ralph (im Original gesprochen von John C. Reilly, während wir mit Christian Ulmen vorliebnehmen müssen), nun ja, tüchtig reicht. Denn der ist Bösewicht in einem alten Arcade-Spiel namens „Fix-It Felix, jr.“ Soll heißen: Seit mehr als 30 Jahren macht der arme Ralph nichts anderes, als das beschauliche „Niceland“-Hotel zu demolieren, nur um zusehen zu müssen, wie es sofort wieder vom Helden mit goldenem Hämmerchen instand gesetzt wird. Ohne Anerkennung von seinen Kollegen, ohne Dank und ohne Ruhm. Davon hat unser Helden nun genug, und so begibt er sich auf eine nicht ungefährliche Reise in die Gefilde anderer Spiele, um dort endlich auch mal wenigstens eine eigene Medaille zu erlangen. Dass er damit nicht nur sein eigenes Spiel, sondern gleich auch noch die quietschsüße Rennsimulation „Sugar Rush“ samt deren rotzfrecher Einwohnerin Vanellope von Schweetz (drüben mit der Stimme von Sarah Silverman, hierzulande mit der von Anna Fischer) an den Rand der Katastrophe bringt, dürfte eigentlich fast klar sein.

Szenenbild 1

Fühlt sich eigentlich sonst noch jemand an „Tron“ erinnert? Egal. Natürlich ist „Ralph reicht’s“ eine riesige Fundgrube an Anspielungen und Querverweisen auf Computerspiele aller Art und bietet vom Gastauftritt eines gewissen blauen Igels bis zum an die Bahnhofswand geschmierten „All your base are belong to us“-Graffito für fast jeden Geschmack und Kenntnisgrad etwas. Aber keine Angst, auch Computerspiel-Abstinenzler kommen auf ihre Kosten, denn in der Welt von „Sugar Rush“, in der sich ein Großteil des Filmes abspielt, finden sich die aberwitzigsten Einsatzmöglichkeiten und Designideen für Süßigkeiten aller Art. Schön, dass es noch Menschen gibt, die derart ausführlich mit Ihrem Essen spielen können.

Einzig die Logik der Welt, die man sich hier konstruiert hat, hätte man noch etwas besser überdenken können. Beispiel gefällig? In der Welt von „Fix-It Felix, jr.“ bewegen sich die „Nebendarsteller“ entsprechend einer älteren Grafik sehr abgehackt (was wirklich sehr hübsch wirkt), Randale-Ralph und Fix-It Felix hingegen sind, warum auch immer, in ihren Bewegungen komplett flüssig. Doch stört die stellenweise etwas löchrige Logik genauso wenig wie die doch ziemlich altbekannte Handlung oder die stereotypen Charaktere. Letzteres passt ja sogar zur Spielewelt, und glücklicherweise sind die Hauptfiguren nicht nur ungemein sympathisch und glaubwürdig zum Leben erweckt worden, sondern wurden auch noch von großartigen Sprechern vertont – wovon wir hier in Deutschland allerdings nur bedingt etwas mitbekommen.

Szenenbild 2

Denn so herrlich der gewohnt großartige John C. Reilly auch Randale-Ralph seine Stimme leihen mag, in der deutschen Synchronfassung poltert uns da nur das wenig inspirierte Gerede von Christian Ulmen entgegen. Anscheinend verfällt die deutsche Lokalisierung auch weiterhin der Unart, in Animationsfilmen statt versierter Stimmen lieber bekannte Gesichter zu wählen. Immerhin, wenigstens Anna Fischer, die scheinbar ebenfalls eher aufgrund ihrer (relativen) Bekanntheit zu ihrer Sprechrolle kam, kommt tatsächlich richtig gut rüber und verleiht der Möchtegern-Rennfahrerin Vanellope von Schweetz fast genauso viel derben Charme, wie es US-Komikerin Sarah Silverman im Original vermochte. Die restlichen deutschen Sprecher machen, wie man es erwarten würde, einen ordentlichen Job und auch ansonsten überzeugt die Lokalisierung auf ganzer Linie (wobei der Autor dieser Zeilen gestehen muss, dass er die Übersetzung „Randale-Ralph“ klanglich sogar um Längen besser findet als das Originalwort „Wreck-It Ralph“).

Abschließend sei noch kurz angemerkt, dass die Damen und Herren von Disney früher einmal etwas mehr Kreativität bei der Auswahl ihrer Lieder an den Tag legten. In einer Sequenz, in der jemand Autofahren lernt, Rihannas „Shut up and drive“ zu spielen ist fast schon verboten konventionell.

Szenenbild 3

Fazit:
Hach ja, Disney. Man kann machen was man möchte, man kann meckern wie man will, aber am Ende eines Disney-Films sitzt man dann doch da und hat sich wenigstens ein halbes Tränchen verdrückt. „Ralph reicht’s“ macht da keine Ausnahme, auch wenn die deutsche Sprachfassung bei weitem nicht so emotional ansprechend ist wie die Originalfassung (Vielen Dank dafür, Herr Ulmen!). Außerdem bekommt man das stilecht auf Japanisch gesungenen Titelthema von „Sugar Rush“ auch Wochen später noch nicht wieder aus dem Kopf. Dafür gibt es 7/10 familiengerecht gut unterhaltene Punkte.

 

P.S.: Und wer nun Lust auf ein paar Runden Arcadegame-Spaß hat, dem bietet die offizielle Seite zum Film hier ein paar passende Zeitvertreibe an.

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Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →

  1. Sophia Geß14.12.2012

    -> „In einer Sequenz, in der jemand Autofahren lernt, Rihannas „Shut up and drive“ zu spielen ist fast schon verboten konventionell.“

    Du triffst es auf den Punkt! Die Musikwahl ist genauso einfallsreich wie den typischen „Pink Panther“ bei Kriminalfällen einzusetzen. So was gehört verboten!