Der Teufelsgeiger
Originaltitel: Paganini: The Devil’s Violinist
Laufzeit: 122 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Hauptbesetzung: David Garrett, Jared Harris, Andrea Deck
Regie: Bernard Rose
Seit dem 31. Oktober 2013 in den deutschen Kinos.
Nachdem der zwielichtige Urbani (Jared Harris) den italienischen Geigenspieler Niccolò Paganini (David Garrett) unter seine Fittiche genommen hat, reißt sich ganz Europa so sehr um den verkannten Geigenvirtuosen, dass die Auftraggeber Schlange stehen. So auch der britische Opernleiter John Watson (Christian McKay), der sein gesamtes Vermögen und das seiner Gespielin Elisabeth (Veronica Ferres) für den Besuch des Skandal umtriebenen Geigers aufs Spiel setzt. Doch statt sich auf seinen Auftritt vorzubereiten, umgarnt der lieber Watsons spröde Tochter Charlotte (Andrea Deck). Das missfällt nicht nur Watson, sondern auch Urbani, der alles daran setzt, die aufkeimende Liebe alsbald zu zerstören.
Witzigerweise ist nicht David Garretts nicht-vorhandene Schauspielkunst, die selbst von Frau Ferres nicht getoppt wird, die Hauptursache für dieses missratende Stück Kino. Ja, Garrett kann Geige spielen und ist mittlerweile ein Klassik-Popstar, der durch sein Aussehen sicher auch so manchen Teenie in stinklangweilige Violinenkonzerte locken konnte, aber das war’s dann auch schon, denn vom Schauspielen hat der fiedelnde Schönling keinen Schimmer. Das drängt sich bereits in den ersten Szenen geradezu penetrant auf: Garrett schafft es, in ein- und derselben Szene ein- und denselben Gesichtsausdruck zu haben – ein in Stein gemeißelter Schlafzimmerblick mit offenem Mund, ab und zu angestrengt durchs Haar blinzelnd, das bretthart vor der Visage klebt. Vielleicht war das ja ein Rettungsversuch von Regisseur Bernhard Rose, einfach die Hälfte des zum Schauspiel unfähigem Garrett-Gesichts zu verdecken. Und vielleicht war das wohl zu spät aufgefallenen Schauspieldefizit auch der Grund dafür, dass Paganini – trotz Hauptrolle – gar keine richtige Rolle spielt. Die eigentlich Hauptrolle schultert Jared Harris als Mephisto-Urbani, der mit Leichtigkeit die Strippen des immer kranken bzw. immer zugedröhnten Paganini zieht. Neben einer nennenswerten Andrea Deck als unschuldig-widerspenstige Charlotte die einzigen Lichtblicke in Sachen Schauspiel.
Von teilweise lieblos ausgestatteten Filmsets, die im großen Gegensatz zu üppig animierten Hafenhintergründen stehen, sowie von Filmfehlern, wie den Kronleuchtern in Watsons elektrizitätsarmen (!) Haus, die offensichtlich mit elektrischen Pseudo-Wackel-Kerzen ausgestattet sind, und auch von Schnittfehlern in Bild und Ton sowie grottiger Kameraführung und schlechter Synchronisation Englisch sprechender deutscher Schauspieler mal ganz abgesehen, ist vor allem der unharmonische Handlungsaufbau eklatant fragwürdig.
Nach einem unvermittelten Einstieg, der sich jedem Zugang zu widersetzen scheint, folgt eine an Ewigkeit grenzende Ödnis, bis sich der werte Herr Paganini endlich mal in London blicken lässt. Dann beginnt die eigentlich Haupthandlung, leider durchsetzt mit allerlei unwichtigen, aber wohl historisch notwendigen, weil belegten Nebensträngen – wie einer Anti-Paganini-Streik-Patrouille und einem fragwürdigen Vater-Sohn-Drama – die alle nicht recht ins Gesamtbild hineinpassen wollen und so nur noch mehr verwirren als zu bereichern. Und dann ist endlich mal ein bisschen Geigenkunst zu hören: laut und derb, mit viel Kopfschütteln und Körperaufbäumen. Doch die kleine Freude währt nicht lang. Doch da gibt’s ja zum Glück noch ein bisschen Filmmusik.
Ja, die Filmmusik. Im Idealfall gehen Film und Filmmusik Hand in Hand, doch hier fällt die musikalische Szenenuntermalung oft einfach mit der Tür ins Haus, irritiert, trägt an diversen Stellen zu dick auf und übertüncht das dünne Schauspiel, das unter solch pathetischer Last schlichtweg zusammenbricht und unter lautem Gelächter untergeht. Danach ist wieder Langeweile, großes Hoffen auf das Ende. Und dann plötzlich: Schluss, Aus, Ende. Hurra. Große Trauer um zwei Stunden verlorene Lebenszeit. Man sollte Klage einreichen!
Tja, und dann ist dann noch die überstrapazierte Faust-Metaphorik: Der erfolglose Geiger, der seine Seele für ein bisschen Ruhm an einen Wildfremden verkauft, der einfach so mir nichts dir nichts ins Schlafgemach gestürmt kommt – ein Mann mit hohen Zylinder, schwarzem, rot-satiniertem Umhang und gespaltenem Teufelsbart. Wer’s bis dahin noch nicht gerafft hat, merkt es spätestens beim Konzert, als hinter Paganini ein düsterer Teufelsschatten auftaucht – wie einfallsreich! Und die gute Charlotte als lebensrettende oder auch Todesstoß versetzende Gretchen. Weit gefehlt.
Fazit:
Kommerz-Firlefanz und platte Soundtrack-PR – ein Film, der zwar auf einer wahren Begebenheit beruht, bei dem aber weder Klassik-Liebhaber noch Film-Fans auf ihre Kosten kommen. Einzig die Kostüme sind hübsch anzusehen, die Arie hübsch anzuhören. Der Rest ist so schlecht, dass sich ein lautes Losprusten mitten im Kinosaal nicht vermeiden lässt. Das können die doch nicht ernst meinen!? Dringend abratende 2/10 Punkten.
Der Teufelsgeiger,