Die Königin und der Leibarzt

Plakat

Originaltitel: En Kongelig Affære

Laufzeit: 133 Minuten

FSK: ab 12 Jahren

Hauptdarsteller: Mads Mikkelsen, Alicia Vikander, Mikkel Boe Følsgaard

Regie: Nikolaj Arcel

Seit dem 19. April in den Lichtspielhäusern.

 

Dänemark im 18. Jahrhundert: Es ist die Zeit der Aufklärung, in der Freidenker wie Kant, Rousseau und Voltaire mit ihren Schriften für Aufruhr sorgen und am Fundament des Feudaladels rütteln. Zu dieser Zeit erhält der Landarzt und Freigeist Johann Struensee (Mads Mikkelsen) unverhofft eine Anstellung als Leibarzt des Königs Christian VII (Mikkel Følsgaard). Der ist mit der blutjungen, englischen Prinzessin Caroline (Alicia Vikander) verheiratet. Doch die Ehe ist mehr Etikette als Liebe, denn Christian ist ein kopfloser Mann und ein noch kopfloserer König. Am Hofe gilt er als verdreht und nicht ernst zu nehmen. Er vergnügt sich lieber mit Prostituierten, als sich um seine Staatsangelegenheiten zu kümmern, und so regiert der königliche Rat in Christians Namen. Doch Christian und Struensee freunden sich immer mehr an und nach anfänglicher Skepsis ist selbst die Königin dem Leibarzt und seinen aufklärerischen Gedanken zugetan. Nach und nach entwickelt sich zwischen Caroline und Struensee eine innige Beziehung. Sie teilt seine aufklärerischen Gedanken und bestärkt ihn, diese auch im Rat durchzusetzen. Doch was tun, damit die „großen Ideen nicht mehr als Wort auf Papier“ bleiben? Beide beginnen König Christian für die Umsetzung ihrer Ideen zu instrumentalisieren, der Struensee geradezu blind vertraut. Caroline und Johann bestärken König Christian, seine Macht im Rat besser zu nutzen, und unterstützen ihn, sich gegen den morschen Adel durchzusetzen. So schafft es der König, nach anfänglichen Widerständen Struensees Reformen durchzusetzen – was aber auch dazu führt, dass der Adel immer mehr an Macht verliert. Und als dann auch noch die Affäre von Caroline und Struensee immer offensichtlicher wird, beschwört das ein boshaftes Intrigengeflecht herauf…

Das Drehbuch stammt aus der Feder dreierlei Filmgrößen: Lars von Trier, Rasmus Heisterberg und Nikolai Arcel. Arcel führte bei „Die Königin und der Leibarzt“ Regie und schrieb auch das zugehörige Drehbuch. Was nicht verwundert, da er vorwiegend für seine Filmsskipte bekannt ist. Als Drehbuchautor beriet er unter anderem Lars von Trier bei seinem Film „Antichrist“. So stand ihm Trier nun auch bei „Die Königin und der Leibarzt“ zur Seite. Zusammen mit Rasmus Heisenberg – mit dem Arcel auch das Drehbuch zu Stieg Larssons „Verblendung“ geschrieben hatte – entstand so ein abgerundetes Skript, das ganz und gar nicht an „viele Köche versauen den Brei“ erinnert: Es bettet die facettenreiche Geschichte der königlichen Affäre in eine Rahmenhandlung ein: Am Anfang steht ein Brief, den Caroline an ihre Kinder schreibt. Sie will ihre Nachkommen über die wahren Geschehnisse am Hofe unterrichten und um ihnen „die Wahrheit zu erzählen, bevor es zu spät ist“.

Neben dem vielschichtigen Drehbuch lässt auch die Besetzung der Hauptrollen absolut nicht zu wünschen übrig. Alle drei Hauptdarsteller passen sich nahtlos in ihre Figuren ein. Selbst die recht unbeschriebenen Schauspieler Mikkel Følsgaard und Alicia Vikander beeindrucken in den Rollen des Königspaares mit ihrer bewegenden und authentischen Art. Und James-Bond-Bösewicht Mads Mikkelsen beweist ein weiteres Mal, welch wandelbarer und exzellenter Schauspieler er ist. Bei dem spröden Landarzt mischt eine feste, aufbrechende Unruhe und eine zugleich tiefe Verzweiflung über die herrschenden Bedingungen er damaligen Zeit.

Ein großes Manko, ist die Auswahl der Synchronisationsstimmen: Im englischen Original hat Mikkelsen eine raue, tiefe Stimme, die in der deutschen Vertonung einen eher deplatzierten verführerischen Unterton bekommt. Außerdem wurde wurde die Stimmbesetzung insgesamt stark verjüngt. Königin Caroline entreißt es so bedauerlicherweise die starke und natürliche Note und König Christian fehlt der leicht irrationale, unberechenbare Ton.

Nichtsdestotrotz: Der Film „Die Königin und der Leibarzt“ ist mitreißendes Kino, das mit Hilfe einer wahren Geschichte das Zeitalter der Aufklärung grandios in Szene setzt. Ausgefeiltes Setdesign und ein authentisches Kostümbild erschaffen ein glaubhafte Abbild jener Zeit. Hervorragend ergänzt wird das durch die exzellente Schauspielleistung. So werden die emotionalen Unruhen dieser Zeit, sowohl politisch als auch emotional, für das Publikum erlebbar. Szenen wie diese, in der Caroline mit Struensee im Hofpark sitzt und ihn fragt: „Werden wir jemals frei sein? Wird denn ihre teure Aufklärung uns von Dummheit befreien und der Furcht vor göttlicher Bestrafung?“ Struensee antwortet darauf mit fester Überzeugung: „Das glaube ich, ja. Friedrich und seine Generation werden die Vorreiter einer neuen Zeit sein.“ Doch in Königin Caroline regen sich eben jene Zweifel, die Freidenker stets plagen und sie spricht resigniert: „Sollen wir also beruhigt auf unserem Sterbebett liegen und uns darüber freuen, dass draußen eine neue Zeit anbricht?“

Szenenbild 2

Eine solche Meisterleistung bleibt nicht unprämiert. „Die Königin und der Leibarzt“ gewann bei der Berlinale 2012 gleich zwei Silberne Bären: Einmal für das beste Drehbuch und einmal für den besten Hauptdarsteller Mikkel Følsgaard.

Das Wunderbare an „Die Königin und der Leibarzt“ ist, dass sich der Film nicht nur auf den Aspekt der königlichen Affäre versteift. Diese tritt vielmehr in den Hintergrund, denn der Historien-Film verbindet gekonnt mehrere thematische Ebenen, wie unter anderem: die damalige politische und soziale Situation, die königliche Ehe des 18. Jahrhunderts, den Zeitgeist der Aufklärung, aber eben auch die komplexe Entstehung der Affäre. So erschafft Regisseur und Drehbuchautor Nikolaj Arcel ein umfassendes und beeindruckendes Abbild der damaligen Geschehnisse, die bis heute nachwirken – 8/10 Punkten.

 

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Sophiawenn sich die gebürtige und nach wie vor Heimatstadt verliebte Leipzigerin nicht gerade als freie Journalistin, Lektorin und Sprecherin durch den Medien-Dschungel schlägt, ist ihre Stimme vor allem in Kulturradios zu hören – dabei kann sie allerdings nie die Finger von Filmen lassen.Zeige alle Artikel von Sophia →