Fantastic4 Teaserplakat

Fantastic Four

Plakat

Originaltitel: Fantastic Four

Laufzeit: 101 Minuten

FSK: ab 12 Jahren

Besetzung: Miles Teller, Michael B. Jordan, Kate Mara, Jamie Bell, Toby Kebbell, Reg E. Cathey

Regie: Josh Trank

Im Verleih von Constantin Film.

Ab dem 13. August in den Lichtspielhäusern.

 

Man würde vermuten, die Geschichte um „Marvel’s First Family“ ist bekannt, aber halt! Einiges ist neu. Reed Richards (Miles Teller) ist natürlich immer noch ein Genie, weshalb er schon als Zwölfjähriger einen funktionstüchtigen Teleporter erfindet. Mit 19 hat er die Technik zusammen mit seinem Kumpel Ben Grimm (Jamie Bell) weit genug verfeinert, um damit an einem Wissenschaftswettbewerb seiner Schule teilnehmen zu können. Nein, er gewinnt keinen Preis, wird aber durch den zufällig ebenfalls anwesenden und zufällig auch an einem Teleporter arbeitenden Dr. Franklin Storm (Reg E. Cathey) entdeckt und bekommt ein Forschungsstipendium, um den Teleport in eine fremde Dimension zu ermöglichen. Natürlich wird das klappen, und natürlich wird was schiefgehen, und endlich (nach ganzen 45 Minuten Exposition!) erhalten Reed, Ben sowie Dr. Storms Kinder Susan (adoptiert; gespielt von Kate Mara) und Johnny (leiblich; gespielt von Michael B. Jordan) die Kräfte, die man aus den Comics kennt. Oh, und Victor von Doom (Toby Kebbell), der das Projekt mit erfunden hat, nun, mit dem passiert auch was. Weshalb unsere Vier nach einigem Geplänkel die Welt retten müssen. Dann noch zehn Minuten, und der Film ist auch schon wieder vorbei. „Zählt das jetzt schon als Spoiler?“, fragst du, werter Leser, dich jetzt vielleicht. Nein, tut es nicht, die Handlung ist einfach nur mies erzählt.

Szenenbild 1

Machen wir es kurz: Nein, „Fantastic Four“ ist kein guter Film. Die Effekte wirken verdächtig billig, die Handlung ist furchtbar konstruiert und lähmend langwierig erzählt und die Darsteller, nun, sie sind vermutlich nicht mal richtig schlecht (auch wenn Kate Mara ruhig auch mal einen anderen Basis-Gesichtsausdruck hätte einüben können), aber so uninspiriert geführt, dass die eh schon schlechten Dialoge noch schlimmer klingen. Aber vielleicht kann die deutsche Synchronfassung (die zur Pressevorführung nicht vorlag) da ja noch was retten. Doch auch wenn sich an den Dialogen noch etwas bessern sollte, bleibt wohl festzuhalten, dass „Fantastic Four“ in fast allen Belangen versagt und zu keiner Stelle mehr ist als die übliche, vergessenswerte Hollywood-Massenware. Doch im Gegensatz zu sonstigem uninspirierten Actionfilm-Mist ist das diesmal richtig tragisch. Denn ein kurzer Blick hinter die dröge Handlung und die blöden Effekte offenbart, durchaus zur nicht geringen Überraschung des Verfassers dieser Zeilen, etwas gerade für zeitgenössische Comicverfilmungen reichlich Ungewöhnliches: Ambitionen.

Szenenbild 2

Auftritt Josh Trank. Schon in seinem Regiedebüt „Chronicle“ versuchte er, dem alten Thema „Typen bekommen halt irgendwie Superkräfte“ eine neue Perspektive abzugewinnen (und wir erinnern uns flüchtig: auch damals schon nur mit leider nur verhaltenem künstlerischen Wert). Insofern ist es natürlich eine mutige Entscheidung des Fanta-4-Filmrechteinhabers 20th Century Fox gewesen, ausgerechnet ihm das Ruder für die Neuverfilmung in die Hand zu drücken. Auch wenn böse Zungen nun die Theorie erwähnen könnten, Fox wollte eh nur irgend einen F4-Film machen, damit die Rechte daran nicht an Marvel zurückfallen. Wie dem auch sei, wenig überraschend ist Tranks Vision der „First Family“ eine verdächtig an „Chronicle“ erinnernde: Wir vermischen klassische, also leicht abstruse Comic-Themen mit denen eines ernsthaften Dramas. Das muss auf dem Papier nach einer tollen Herausforderung geklungen haben: Da ist ein Mensch, dessen Körper sich unmenschlich deformiert, und ein anderer ist quasi ein lebender Stein. Wie fühlt sich sowas an? Was macht das mit einem? Und tatsächlich kommt solch eine für Comiclogik ungewöhnlich ernste Herengehensweise im Film stellenweise ganz gut durch. So werden die „Superkräfte“ der Vier eher als Symptome behandelt, und gerade Reed Richards wirkt nicht sehr glücklich mit seiner arg instabilen körperlichen Verfassung. Doch, diese düstere Interpretation der ja eigentlich rein auf Unterhaltung ausgelegten Fanta-4-Comics hätte interessant werden können. Leider, leider scheint Josh Trank unter „Drama“ automatisch auch „Coming of Age“ zu verstehen, weshalb die Figuren eine arg gewöhnungsbedürftige Verjüngungskur auf so-um-die-Zwanzig verpasst bekamen, die ihnen überhaupt nicht gut bekommt. Aber Jugendliche sind halt interessantere Hauptfiguren für Indie-Dramen. Oder so. Diese platte Herangehensweise ist jedenfalls symptomatisch für „Fantastic Four“ und vervielfacht die Frustration beim Betrachten nochmals.

Szenenbild 3

Und dann ist da noch 20th Century Fox. Irgendwie bekommt man den Eindruck, an einer bestimmten Stelle der Produktion hatten alle Beteiligten mehr oder minder das Interesse daran verloren. Und tatsächlich ist die Produtkionsgeschichte von „Fantastic Four“ alles andere als von Harmonie geprägt: Trank soll irgendwann einfach nicht mehr zum Set gekommen sein, das Studio verlangte eine verdächtig hohe Menge an Nachdrehs und schließlich verzichtete man gar auf die eigentlich standardmäßig schon eingeplant gewesene 3D-Konvertierung. Die ganze unschöne Geschichte der Produktion des Films ist übrigens sehr schön anschaulich in diesem Video aufbereitet. Ein Projekt, in das die Verantwortlichen Vertrauen haben, sieht jedenfalls definitiv anders aus.

Aber immerhin muss man sich so nicht mehr über die miesen Effekte und die schlecht geführten Darsteller wundern. Rätsel gelöst. Juchhu.

Und wo das Kind schon im Brunnen ist, können wir auch gleich noch ein wenig über die Schuldfrage spekulieren: Die simpelste Theorie ist natürlich, dass beide Seiten einfach inkompatibel waren. Josh Trank, der in seinem Debütwerk als Independent-Regisseur unter dem Radar der Studiobosse in verhältnismäßiger Freiheit agieren konnte, kam eventuell einfach nicht mit dem Druck klar, den die Arbeit an einem Mainstream-Großprojekt unter nun ständiger Beobachtung der Produzenten so mit sich bringen kann. Und Fox wiederum musste wohl feststellen, dass interessante neue Perspektiven selten massentauglich sind, worauf sie natürlich wie alle großen Studios mit verstärkter Einmischung reagierten. Ein Teufelskreis, wie man so schön feststellen kann. Und genügend Reibungsfläche, um dafür zu sorgen, dass das einstmals interessante Filmprojekt namens „Fantastic Four“ am Ende nicht mal einen Bruchteil seines ursprünglichen Potentials erreicht. Bleibt zu hoffen, dass Trank sich nach dieser Erfahrung wieder fangen kann, um in kleineren Projekten weiter die scheinbar dringlichst benötigte Erfahrung zu sammeln. Es sei ihm zumindest von Herzen vergönnt, denn Hollywood ist von noch weitaus uninteressanteren Regisseuren bevölkert.

Szenenbild 4
Fazit:
Zum Glück ist es nicht die Aufgabe dieser Kritik, Regisseur oder Studio den schwarzen Peter zuzuschieben. Vermutlich sind sowieso beide irgendwie daran schuld. Fakt ist jedenfalls, dass aus dem zu Beginn anscheinend durchaus lobenswert ambitionierten Projekt namens „Fantastic Four“ ein furchtbar unausbalancierter Film wurde, irgendwo zwischen banalem Mainstream-Comicfilmchen und erfrischend anderem Indie-Drama. Aus Interesse kann man da durchaus mal reinschauen und ein wenig zwischen den Zeilen lesen, aber auf KEINEN Fall sollte man dieses Werk als Unterhaltungsfilm goutieren. Da funktionieren die alten F4-Filme von 2005 bzw. 2007 tatsächlich weitaus besser. Der Autor dieser Kritik jedenfalls vergibt 6/10 Punkte, denn ein gescheitertes Projekt mit Ambitionen ist immer noch wenigstens einen Hauch besser als ein erfolgreiches Filmchen ohne jegliche Idee.
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Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →