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Ghost in the Shell

Plakat

Originaltitel: Ghost in the Shell

Laufzeit: 107 Minuten

FSK: ab 16 Jahren

Besetzung: Scarlett Johansson, Takeshi Kitano, Pilou Asbæk, Michael Pitt, Juliette Binoche

Regie: Rupert Sanders

Im Verleih von Paramount Pictures.

Seit dem 30. März in den Lichtspielhäusern.

Major Mira Killian (Scarlett Johansson), für Ihre Kollegen kurz „Major“, ist die beste Waffe von Sektion 9, einer ziemlich brutalen Militärpolizei-Truppe in einer nicht näher benannten asiatischen Stadt der Zukunft. Warum sie die Beste ist? Nun, ganz einfach: Sie ist ein Roboter, in den das organische Gehirn eines Menschen verpflanzt wurde (ja, lieber Leser, faktisch ist sie damit ein Cyborg, kein Roboter). Doch als Sektion 9 auf einen neuen Gegner trifft, der die Gehirne seiner Opfer hackt – scheinbar auf der Suche nach irgendetwas – wird die ganze Sache komisch. Warum hat es der mysteriös-mächtige Gegner ausgerechnet auf die Firma abgesehen, die auch Killians Hirntransplantation zustande brachte?

Wobei, fast noch komischer als dieser Umstand ist es, dass der japanische Chef von Sektion 9 (Takeshi Kitano) die ganze Zeit japanisch spricht, während alle anderen Figuren brav übersetzt wurden. Scheinbar müssen alle Mitarbeiter von Sektion neun japanisch können. Und wir Zuschauer bekommen halt ein paar Untertitel, und damit hat sich‘s. Eigentümlich. Naja, Integration geht halt in zwei Richtungen.

Szenenbild 1

Es gab schon vorab ja ein wenig Trubel um die Realfilm-Adaption des Anime-Klassikers „Ghost in the Shell“. Und natürlich ist das meiste davon klar als Taifun im Wasserglas abzutun. Gleichzeitig aber bleibt die berechtigte Frage, warum statt eines talentierten Regisseurs ausgerechnet Rupert Sanders das Steuer in die Hand bekam. Hier ist eine Hypothese dazu: Jeder der, wieso auch immer, damals „Snow White and the Huntsman“ sah und dieses Erlebnis, wieso auch immer, nicht vollkommen wieder vergessen hat, der hat vermutlich hauptsächlich noch Erinnerungen an den ziemlich coolen Wald mit dem ziemlich coolen Hirsch behalten. Weil, diese Szene hatte Regisseur Rupert Sanders damals nach Meinung des Verfassers dieser Zeilen sehr schön bei „Prinzessin Mononoke“ geklaut. Und insofern macht es nur Sinn, dass Sanders nun einen der vielleicht ikonischsten Animes überhaupt neu adaptieren durfte. Was er natürlich vor allem in optischer Hinsicht auch wieder sehr schön hinbekam. All die schönen Cyberpunk-Wolkenkratzer mit überdimensionalen Werbe-Holos in den schönsten Neonfarben. Doch, doch, da erkennt man den gelernten Grafikdesigner und passionierten Werbefilmer. Das hat er schön hinbekommen.

Weniger schön allerdings ist der ganze Rest, und da erkennt man dann auch den Mann wieder, der schon „Snow White and the Huntsman“ verhunzte: Vor allem an der Führung seiner Darsteller hapert es noch genauso wie damals. Schon lustig, was eine scheinbar derart auf sich allein gestellte Besetzung dann macht. Die guten Schauspieler in der Truppe, wie Takeshi Kitano, spulen einfach das ab, was ihrer Meinung nach so oder so von Ihnen erwartet wird (in Kitanos Fall also den coolen, charismatischen, japanischen Übervater von Chef). Diejenigen, die das Glück hatten, wenigstens aufgrund der hohen Leinwandzeit ihrer Rolle dem Zuschauer aufzufallen, trotten derweil halt irgendwie durch die Handlung und geben sich alle erdenkliche Mühe, dabei wenigstens nicht allzu dämlich aufzufallen. Und alle anderen konnten immerhin ein wenig darauf hoffen, dass der eine oder andere findige Zuschauer sie aufgrund der Ähnlichkeit (oder fehlenden Ähnlichkeit, je nach Geschmack) zur Anime-Vorlage kurz im Sinn behält.

Szenenbild 2

Hauptrolle Scarlett Johansson fällt leider, leider nur in Kategorie zwei. Es erweckt fast ein wenig Mitleid, sie planlos durch ihre Rolle stolpern zu sehen. Wohlmeinend aufgefasst passt das natürlich sehr schön zu einem Charakter, der ja eigentlich die ganze Zeit auf der Suche nach der eigenen Menschlichkeit ist. Wenn Johannson dann also wieder einmal auf scheinbar uninspirierten Zuruf des Regisseurs hin in irgendeine unmotivierte Pose geht, dann hat das schon einen hübschen Punkt in Richtung „Technik, die Leben imitiert“. Allerdings ist Major Killian letztlich ein Mensch mit Roboterkörper und eben keine künstliche Intelligenz, und dafür stellt sie sich dann doch ein paar Ecken zu dämlich an.

Apropos „stolpern“ und „dämlich“: Die Handlung von „Ghost in the Shell“ erscheint auch nur als ein Gerüst von Überleitung von einer Actionszene, die verdächtig stark an die gezeichnete Vorlage erinnert, hin zur nächsten. Und mal abgesehen davon, dass sie wirklich verflixt stark an die ikonischen Originale erinnern, sind sie auch noch ziemlich mies inszeniert und riechen auf Meilen hin nach schlecht choreografierter Stunt-Einlage.

Hm. Da fällt mir auf, dass ich den alten „Ghost in the Shell“ lange nicht mehr gesehen habe. Vielleicht ist das ja die eine große Stärke der Neuverfilmung: Sie macht tierisch Bock auf den alten Film. Der Werbefilmer Rupert Sanders scheint also tatsächlich noch was drauf zu haben. Immerhin, besser als nichts. Und es gibt wirklich deutlich Schlimmeres als Werbung für ein Qualitätsprodukt.

Szenenbild 3
Fazit:
Klar, „Ghost in the Shell“ sieht super aus und ist auch relativ fehlerfrei inszeniert. Aber was dem Projekt elementar fehlt, ist irgendeine Form von Motivation. Weder scheint die Handlung auf irgendetwas hinaus zu wollen, noch gab man den Darstellern scheinbar etwas in die Hand, das ihnen hätte helfen können, den darzustellenden Figuren auch nur einen Hauch von Leben zu verleihen. Herausgekommen ist damit etwas, das am ehesten an einen überlangen, etwas seelenlosen Fan-Film erinnert. Zum Anschauen und Vergessen. Gerade angesichts der ikonischen Vorlage ist das natürlich eine tragische Vergeudung von Potential, obgleich es einen immerhin daran erinnern könnte, dass man sich die Vorlage eigentlich mal wieder antun könnte. Und der Autor dieser Zeilen gibt gern zu, schon deutlich miesere Werbung erlebt zu haben und vergibt deshalb milde gestimmte 6/10 Punkte.

So. Und welches Kino nutzt jetzt diesen coolen, aber dann doch etwas langen Werbefilm aus und zeigt mir den alten „Ghost in the Shell“? Bitte???

Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →