IronSky Teaserplakat Dr Richter

Iron Sky

Plakat

Originaltitel: Iron Sky

Laufzeit: 93 Minuten

FSK: ab 12 Jahren

Hauptdarsteller: Julia Dietze, Götz Otto, Udo Kier, Christopher Kirby, Tilo Prückner, Peta Sergeant, Stephanie Paul

Regie: Timo Vuorensola

Ab dem 05. April in den Lichtspielhäusern.

 

Zu Beginn von „Iron Sky“ muss der im Jahre 2018 aus Werbegründen auf den Mond geschickte Afroamerikaner James Washington (Christopher Kirby) feststellen, dass gewisse Verschwörungstheorien über den Verbleib der Nazis nach dem zweiten Weltkrieg sich als korrekt herausstellen: Kurz vor Kriegsende gelang es einer kleinen Gruppe Regimetreuer, von der Antarktis aus auf den Mond zu fliehen und auf der dunklen, also erdabgewandten Seite eine Kolonie zu gründen (selbstverständlich betrieben mit aus dem Mondgestein gewonnenem Helium 3). Diese Nazis arbeiten natürlich seit fast einem Dreivierteljahrhundert an Racheplänen für das Weltkriegs-Debakel, inklusive Reichsflugscheiben (der weniger Verschwörungsaffine darf sich diese gern als „Nazi-UFOs“ vorstellen), großen, zeppelinartigen Trägerschiffen, Meteoren im Schlepptau zur allgemeinen Vernichtung und natürlich einer Supervergeltungswaffe namens „Götterdämmerung“. Letztgenanntes Schmuckstück der nationalsozialistischen Weltraumarmada ist aber leider zu komplex für die Rechenleistung der doch etwas älteren Computertechnik unserer Mondbewohner. Gut, dass man bei Mr. Washington auch ein iPhone erbeuten konnte. Mit dem läuft die „Götterdämmerung“ wie am Schnürchen. Leider, leider kann der Nazi-Chefwissenschaftler Richter (Timo Prückner) zwar das supermoderne Stück Technologie problemlos in die veraltete Technik implementieren und sogar entsprechend umprogrammieren, doch den Akku des Geräts vermag er nicht aufzuladen. Die Lösung ist klar: Runter auf die Erde und Nachschub holen! Für diese heikle Mission schickt „Mond-Führer“ Wolfgang Kortzfleisch (Udo Kier) seinen besten Mann, Nachrichtenübermittlungsoberführer Klaus Adler (Götz Otto) zusammen mit einem mittlerweile „arisierten“ Washington, den üblichen Nazischergen und Renate Richter (Julia Dietze),  der Lehrerin und Fachfrau für Erdangelegenheiten – die zufälligerweise auch Adlers hypernaive Geliebte ist und den perfekten Beweis abliefert, dass auch die auf den Mond geflüchtete NS-deutsche Zivilbevölkerung von all dem mit den Junden und so nicht den Deut einer Ahnung hatte.

Klaus Adler will aber gar keinen Racheplan unterstützen – er will Weltraumführer werden anstelle Weltraumführers. Also macht er einen Termin mit der Präsidentin der Vereinigten Staaten (deren Name nicht genannt wird, aber ihre Darstellerin Stefanie Paul soll wohl aussehen wie Sarah Palin), um mit ihr ein bisschen gegenzuverschwören. Deren PR-Tante Vivian Wagner (Peta Sergeant) ist von der ganzen Story natürlich begeistert. Und so nimmt die Sache ihren Lauf…

Szenenbild 1

Hach ja, damals: Im Jahr 2008 erschien der erste Trailer zu „Iron Sky“(wer ihn verpasst oder vergessen hat, kann ihn sich z.B. hier auf Youtube nochmal ansehen) – und verhieß einen einen eher ruhigen Film mit – in einem Wort – wunderschöner Optik, auch wenn schon an dieser Stelle angedeutet wurde, dass es wohl eine Komödie werden würde. Klar, ernstere Anläufe sind bei dem Thema auch deutlich aufwendiger, da braucht es schon einiges an schreiberischen Qualitäten. Und tatsächlich, die folgenden Teaser und schließlich auch der offizielle Trailer offenbarten immer mehr einer eher konventionellen Handlung.

Was aber von Anfang an deutlich wurde, sind die immensen visuellen Vorzüge dieses Filmes. Die Mondkolonie ist im Design angesiedelt zwischen totalitärer Wahnsinnsarchitektur und schönstem Retrofuturismus (wobei sich gerade das Genre des Dieselpunkt ja eh förmlich aufdrängt). Und das sieht einfach großartig aus und muss sich vor allem in der Umsetzung auch keinesfalls vor größeren Projekten verstecken. Ja, es ist geradezu verblüffend, wie glaubwürdig die Welt auf dem Mond da dargestellt wird.

Worauf die Trailer hingegen nicht vorbereiten konnten, war das Desaster, das den Zuschauer da anstelle einer Handlung erwartet. Ein krudes Flickwerk aus uralten Witzen, furchtbaren Klischees und vorhersehbaren Zoten, zusammengehalten von einer grauenhaft simpel gestrickten Handlung. Es wirkt so, als würden sich die Macher auf ihrer durchaus ungewöhnlichen Grundidee ausruhen, als würden Nazis auf dem Mond tatsächlich ausreichen, um einen ganzen Film kreativ wirken zu lassen. Tun sie nicht, falls das noch nicht klar sein sollte. Das reicht gerade mal aus, um einen Trailer interessant zu machen.

Sicher, es gibt ein paar hübsche Ideen, z.B. der an manchen Stellen deutlich von Wagner beeinflusste Score und wie schon mehrfach erwähnt ist der Film optisch eine Wucht, doch beide Punkte treffen fast ausschließlich auf die Szenen auf dem Mond zu. Spätestens nach Landung des Nazi-Stroßtrupps auf der Erde breitet sich im Film die pure Langeweile aus, nur ab und an unterbrochen von ein paar hübschen Szenen, die wieder allesamt auf dem Mond stattfinden.

Szenenbild 2

Am schlimmsten aber ist, dass „Iron Sky“ sich so furchtbar brav verhält. Nicht eine wirklich fiese Note, nicht ein richtig zynischer Kommentar. Natürlich gibt sich der Film alle Mühe, gemein und sarkastisch zu wirken, doch für echte Fiesheit fehlt dem Filmchen leider der Mut. Stattdessen verliert man sich in eher alberne Kindereien wie den Umstand, dass die Präsidentin nur mit Hilfe von Propaganda-Ideen ihrer neuen Nazi-Verbündeten wieder in den Umfragen Aufwind bekommt. Wie süß. Dass man das ganze auch umdrehen könnte und feststellen, dass die Nazis uns in Bezug auf Propaganda nichts Neues mehr beibringen können, weil wir schon exakt die selben Wirkmechanismen wie sie in unserer Werbung verwenden, das ging wohl nicht. Aber gut, das ist auch nur der bescheidene Versuch des Autors dieser Zeilen, ein Gegenbeispiel zu konstruieren.

Doch selbst die übersimple Handlung und die lahmen Gags wären erträglich gewesen, würde sich nicht die Hälfte der Charaktere als Komplettversager herausstellen – und zwar die weibliche Hälfte. Denn das männliche Cast spielt seine Klischeefiguren mindestens erträglich, Tilo Prückner gibt sogar einen großartig unterhaltsamen verrückten Wissenschaftler ab und Udo Kier muss sich ja gar nicht mehr anstrengen, um den Nazi-Bonzen zu mimen, während Götz Otto wenigstens nicht stört. Einzig Christopher Kirby nervt etwas, hat aber auch weniger Spielzeit, was ihn letztlich erträglich macht. Die drei weiblichen Charaktere hingegen bieten keinen Millimeter an Unterhaltungswert: Stephanie Paul und Peta Sergeant schnattern in ihren Rollen die ganze Zeit Kommentare, die wohl fies wirken sollen und entwickeln dabei nicht mehr Charisma als eine Blattlaus, während Julia Dietze richtig schön offenbart, dass sie außer hübsch rumstehen gar nichts in diesem Film kann. Selbst wenn sie spricht, wirkt es eher wie ein aufgesagter Text. Eine klischeeträchtige Figur mag in einem Film wie „Iron Sky“ erträglich sein (auch wenn Renate Richter wirklich an der Grenze zum Unerträglichen ist) , aber für derart mieses Schauspiel ist das Grundniveau des Machwerks dann doch etwas zu hoch.

Zum Abschluss noch ein Erklärungsversuch: Irgendwie wirkt die ganze Geschichte so, als wäre zwischen 2008 (erster Teaser) und 2010 (zweiter Teaser) zuviel mit dem Projekt passiert. Vielleicht zuviel Geld und damit eine gewisse Selbstüberschätzung, vielleicht eine plötzliche Hoffnung auf echten kommerziellen Erfolg und eine damit einhergehende massenkompatiblere Ausrichtung, vielleicht aber auch einfach zuviel Input von neuen Ideen, der dafür sorgte, dass die ursprüngliche Vision (sofern es sie je gab) verschütt ging. Es könnte auch eine Kombination aus allem sein. Schade an der Sache ist vor allem, dass man mit etwas mehr Arbeit am Script hier wirklich etwas Neues hätte bringen können.

Szenenbild 3

Fazit:
„Iron Sky“ sieht super aus und ist somit kein kompletter Müll (taugt auf diese Weise aber auch nicht mehr als Trash). Damit hat sich’s jedoch auch schon mit seinen Vorzügen. Der Rest ist nicht anders als bei der übliche Massenware, die man so auch vom Grabbeltisch einer beliebigen Multimediaabteilung kennt. Letztlich läuft alles auf die Frage hinaus, ob es einem anderthalb Stunden Lebenszeit und den Preis einer Kinokarte wert ist, einen recht schmucken Film mit Nazis auf dem Mond gesehen zu haben. Ich jedenfalls vergebe 4/10 eher enttäuschte Punkte.

 

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Iron Sky, 8.2 out of 10 based on 5 ratings

Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →