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Spieglein Spieglein – Die wirklich wahre Geschichte von Schneewittchen

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Originaltitel: Mirror Mirror

Laufzeit: 106 Minuten

FSK: ohne Altersbeschränkung

Hauptdarsteller: Julia Roberts, Lily Collins, Armie Hammer, Nathan Lane, Sean Bean

Regie: Tarsem Singh

Ab dem 05. April in den Lichtspielhäusern.

 

„Spieglein Spieglein“ erzählt uns eine neue Variante des Klassikers der Grimmschen „Kinder- und Hausmärchen“ : Natürlich wieder mit einer bösen Stiefmutter (Julia Roberts), die ihre wunderschöne Tochter (Lily Collins) loswerden will und sie deshalb zum Sterben in den Wald schickt, wo Töchterchen stattdessen auf die Unterstützung von sieben Zwergen trifft. So weit, so Grimm. Gleichzeitig ist die Stiefmutter aber auch hinter dem schmucken Prinzen Andrew Alcott (Armie Hammer) her, einerseits, da er wie schon erwähnt ziemlich schmuck ist, andererseits aber auch, weil das Königreich mittlerweile ein kleines Liquiditätsproblem hat und unser Prinz nicht nur schön, sonder auch ganz schön vermögend ist. Prinz Alcott hingegen würde selbstredend Schneewittchen bevorzugen – doch das ist ja über alle sieben Berge. Bei Zwergen übrigens, die dieses Mal keine Bergleute, sondern eine waschechte Räuberbande sind. Weshalb unsere schneeweiße Schönheit auch selbst ein bisschen den Degen schwingen darf , während der Prinz einem etwas zu animalischem Liebeszauber verfällt. Und dann sind da ja noch die nicht zu unterschätzenden Zauberkäfte der Königin. Und eine fiese Bestie, die in den Tiefen des dunklen Waldes haust. Wie wird unsere hübsche Heldin damit wohl fertig?

Szenenbild 1

Man merkt „Spieglein Spieglein“ ohne jeden Zweifel an, dass es ein Film des visuellen Genies Tarsem Singh ist. Wie schon in dem wundervollen „The Fall“ (und mit Einschränkungen auch in „Krieg der Götter“, Singhs letzten Film) erstrahlt der Film in den sattesten Farben, und den Zuschauer erwarten traumhaft opulent ausgestattete Szenerien und eine unübertroffene optische Pracht, die man einfach selbst gesehen haben muss. Vor allem die Kostümbildner haben hier großartige Dinge erschaffen, gerade in Bezug auf die ausladend aufgebauschten und in kreischend auffälligen Farben gestalteten Kleider der Königin. Und als enbenjene Königin dann auch noch einen Ball gibt, in dem ein Kostüm schöner und einfallsreicher wirkt als das nächste, will man sich erst recht nicht satt sehen.

Einzig die im Computer entstandenen Bilder können nicht immer völlig überzeugen (vor allem das Schloss ist in dieser Hinsicht etwas enttäuschend). Doch glücklicherweise betrifft das nur einen kleinen Teil des Films und sorgt somit nur für ein paar kleinere Abzüge in der B-Note.

Szenenbild 2

Dass bei all den Augenschmeichlern auch der Rest des Kopfes nicht zu kurz kommt, dafür sorgen Handlung und Darsteller. Die Handlung entpuppt sich dabei als überraschend gut funktionierende Modernisierung des alten Märchens: Alle wichtigen Elemente sind enthalten, aber teilweise vollkommen neu interpretiert und ab und an in ihrer Bedeutung umgekehrt. So etwas kann schnell öde werden und schlimmstfalls gar respektlos erscheinen, doch im Fall von „Spieglein Spieglein“ ist die Neuinterpretation gelungen: Die Story wirkt frisch und ist herrlich unterhaltsam. Und erinnert ein klein wenig an die zu Beginn dieses Jahrtausends produzierte Miniserie „Das Zehnte Königreich“, die ab und an um die Weihnachstzeit auf RTL oder VOX ausgestrahlt wird.

Szenenbild 3

Die Frische des Films ist natürlich auch den tollen Darstellern verschuldet, denn Gott sei Dank nimmt keiner im Film seine Rolle zu ernst. Gerade Julia Roberts überrascht hier mit einer herrlich spritzigen Umsetzung ihrer Rolle als neidische alte Diva und genießt es sichtlich, mal etwas fieser sein zu dürfen. Passend dazu spielt Nathan Lane wundervoll ihren kriecherisch-ängstlichen Kammerdiener.

Als Gegenstück dazu  haben wir eine großartig schnuckelige Lily Collins, die man zum Inbegriff der hübschen, naiven Prinzessin mit ebenhölzernem Haar hochgerüscht hat. Einzig die Lippen hätten etwas blutroter sein können, bei all den satten Farben in der Ausstattung. Schauspielerisch gab es für sie aber leider nur wenig zu leisten, denn wie schon in „John Carter“ haben selbst emanzipierte Prinzessinnen nur wenig zu tun außer ein paar unterhaltsam choreografierte Degenduelle zu absolvieren. Ihr zur Seite steht dabei ein schön komischer Armie Hammer als der übliche Captain-Awesome-Verschnitt von einem Prinzen (wie gesagt: zum Glück nimmt auch er seine Rolle nicht zu ernst).

Und selbstverständlich gibt es da noch diese siebenköpfige Bande von Kleinkriminellen (man verzeihe das miese Wortspiel), die allesamt großartig besetzt wurden, sowohl in Bezug auf darstellerische Qualitäten als auch auf Aussehen und Kostüm. Die Jungs machen einfach Spaß und haben eine tolle Chemie miteinander.

Szenenbild 4

 Tarsem Singhs Ausflug in des Welt des leichten Unterhaltungskinos entpuppt sich tatsächlich als ein herrlich bunter Spaß für die ganze Familie. 8/10 farbenfrohe Punkte vergebe ich dafür.

„Spieglein Spieglein“ hat somit einiges an Qualitäten in die Waagschale für den Preis der besten Schneewittchenverfilmung 2012 geworfen. Ob sich die ganze Story in düster besser macht als in bunt, das erfahren wir spätestens am 31. Mai, zum Start von Kämpfer Nummer 2, „Snow White and the Huntsman“.

 

 

P.S.: Musikalisch Interessierte können noch einen Blick auf Tarsem Singhs Rückkehr zu seinen indischen Wurzeln werfen und sich die bollywoodtypisch inszenierte Schlussnummer „I Believe (in Love)“ auf Youtube anhören (keine Angst, der Rest des Filmes kommt ohne derartige Gesangseinlagen aus). Und für die ganz Neugierigen findet sich noch dieser Artikel in der HuffPost, der aufzeigt, wie schwierig manchmal die Recherche nach Liedrechten sein kann.

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Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →