Das Kind Plakat

Das Kind (Sneak vom 08.10.2012 im Cinestar)

Plakat

Internationaler Titel: The Child

Laufzeit: 118 Minuten

FSK: ab 16 Jahren

Hauptdarsteller: Eric Roberts, Christian Traeumer, Ben Becker, Peter Greene, Sunny Mabrey

Regie: Zsolt Bács

Ab dem 18. Oktober in den Lichtspielhäusern.

 

 

Simon Sachs (Christian Traeumer) ist zehn Jahre alt. Ja, werter Leser, dieser Umstand macht ihn zum Kind (Oha, welch‘ Titelbezug!). Leider zu einem mit Krebs. Die fiese, ihm nicht mehr viel Zeit gebende Variante. Also bekommt er mal etwas ganz Besonderes zu seinem Geburtstag geschenkt: Eine Gratissitzung in Reinkarnationstherapie. Um zu schauen, was er vorher gemacht hatte. Vielleicht fällt es ihm ja dann leichter, diese Welt vorzeitig wieder zu verlassen. Oder so.

Jedenfalls, unser Kind findet heraus, dass es transzendental gesehen allem Anschein nach eine recht bewegte Vergangenheit hat: Simon war wohl mal ein nicht gerade untätiger Serienmörder. Als er dann auch noch durch den Fund eines seiner vermeintlichen Opfer untermauern kann, dass da vielleicht sogar so richtig was dran ist, ruft das den ehemaligen Staranwalt Robert Stern (Eric Roberts – ja, das ist der große Bruder von Julia Roberts) auf den Plan. Und noch eine ganze Menge Scherereien. Denn die Spur führt in die finsteren Abgründe eines Pädophilen-Rings.

Szenenbild 1

Selbstverständlich ist es löblich, in diesem Land mal ein paar Filme zu produzieren, die in den Horror- oder Mystery-Bereich eingeordnet werden dürfen. Und wenn das Ganze dann auch der Abwechslung halber mal ein klein wenig so wirken könnte, als wäre es nicht hauptsächlich für das Fernsehen produziert worden, wäre das sogar noch ein Grund mehr, ein paar lobende Worte zu verlieren. Doch warum, ach warum nur muss man sich für solch einen Film dann ausgerechnet Sebastian Fitzeks Roman „Das Kind“ als Vorlage anlachen? Man möge dies nicht gleich falsch verstehen, das Buch ist bestimmt ein schöner Schmöker für verregnete Wochenenden, doch zumindest in seiner Leinwand-Fassung liefert es nur altbekannte, furchtbar konventionelle Handlungsvariationen mit nun nicht unbedingt neuen oder gar interessanten Ideen. Okay, vielleicht mit der Ausnahme der Pädophilie-Thematik, doch das rettet den Film auch nicht mehr. Wenn es wenigstens Figuren gäbe, deren Innenleben einen auch nur im Mindesten interessieren könnte. Gut, abgesehen vielleicht vom Chefermittler Engler, den Darsteller Peter Greene so Neo-Noir-typisch und herrlich kaputt verkörpert, dass man sich wohl oder übel zu einem amüsierten Schmunzeln wird hinreißen lassen müssen. Ähnliches gilt für Ben Becker, allerdings spielt der ja eigentlich nur das Gleiche wie immer. Ach ja, und ein Urgestein der deutschen Komik darf hier zur Abwechslung mal eine Rolle spielen, die aber so ganz und gar nicht lustig ist. Was tatsächlich wenigskens für ein paar Sekündchen ein angenehm irritierendes Gefühl wachruft, auch wenn bösere Zungen als die des Verfassers dieser Zeilen anmerken könnten, dass seine anderen Rollen ebenfalls nie lustig waren.

Szenenbild 2

Mal ein Erklärungsversuch: Vermutlich wurde diese Vorlage gewählt, weil Autor Fitzek und Zsolt Bács, der Regisseur dieses Machwerks, so dicke Kumpels sind. Das könnte nebenbei auch gleich noch erklären, warum Bács überhaupt die Regie für dieses Projekt innehatte. Das ist nämlich gleich der zweite Anlass, laut  „Warum nur?“ zu rufen, denn die eigentlich einzige annähernd erwähnenswerte Leistung, die er in „Das Kind“ vollbringt, ist die Inszenierung von Hauptdarstellerin Sunny Mabrey während einer Dialogszene innerhalb eines Freudenhauses – selten wurde eine Szene derart offensichtlich nur deshalb gedreht, um der Mimin in den Ausschnitt zu filmen. Und keine Angst, werter Leser, später im Film muss Mabreys Rolle auch noch über einen Zaun klettern. Diese Gelegenheit, uns auch noch die Kehrseite der Dame überaus appetitlich zu präsentieren, lässt sich der Künstler natürlich nicht entgehen. Irgendwie tut einem Frau Mabrey da fast Leid. Fast.

Jenseits dieser Ansichten ist eigentlich nur noch erwähnenswert, wie unglaublich auffällig der Film versucht, sich schon mal bei seinem zumindest potentiell vorhandenen internationalen Publikum anzubiedern. Natürlich wurde auf Englisch gedreht, immerhin ist ein Großteil des Hauptcast ja tatsächlich importiert. Doch dass man dann auch noch möglichst viele Schilder per grausam offensichtlicher digitaler Nachbearbeitung anglisiert und selbst die Heilige Schrift nur mit fett aufgedrucktem „Holy-Bible“-Schriftzug in die Kamera hält, das ist dann doch etwas zu viel des Guten. Vor allem, da wir ganz klar in Berlin verortet sind. Dabei wäre es doch viel einfacher gewesen, dass eventuelle übernationale Publikum über eine ansprechende Optik zu adressieren statt sein Machwerk so offensichtlich wie die zehntausendste DVD-Veröffentlichung aussehen zu lassen. Ja, werter Leser, das ist dann „Warum nur?“-Ausruf Nummer drei. Gut mitgezählt.

Szenenbild 3

Fazit:
Was solls. „Das Kind“ hat, wie wir dem Abspann entnehmen durften, wenigstens 10.042 treu ergebene Fans. Und ja, die sind alle mit vollen Namen in den Credits verewigt (der Favorit des Autors dieser Zeilen hört übrigens anscheinend auf den Namen „Eric gets a Cracker“). Und obwohl  Autor und Regisseur eigentlich 50.000 Folgende angestrebt hatten, ist dies doch auch eine Leistung. Für diese, und wohl auch für andere Fans von Sebastian Fitzeks Werk, könnte „Das Kind“ ganz angenehme Unterhaltung für zwischendurch darstellen. Ansonsten ist das Ganze leider nicht mehr als ein furchtbar durchschnittlicher Thriller mit kleinen Abstechern ins Reich des Mysteriösen und vereinzelt etwas brutaleren Anwandlungen geworden. 4/10 Punkte gibt es dafür noch.

P.S.: Im nächsten Monat wirft „After Dark Films Germany“ dann „Ghostmaker“ auf die Leinwände. Der Autor dieser Zeilen ist ehrlich gesagt schon gespannt, was uns da erwarten wird.

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Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →

  1. Maik16.10.2012

    Naja wirklich spannend klingt das ja nicht gerade, auch wenn wieder mal die Idee nicht schlecht scheint, also nichts verpasst. 🙂