Drecksau Hauptplakat

Drecksau (OV-Sneak vom 07.10.2013 im Cinestar)

Plakat

Originaltitel: Filth

Laufzeit: 101 Minuten

FSK: ab 16 Jahren

Besetzung: James McAvoy, Jamie Bell, Imogen Poots, Eddie Marsan

Regie: John S. Baird

Seit dem 17. Oktober in den Lichtspielhäusern.

 

Wir umgehen den offensichtlichen Titelbezug und erwähnen nur, dass Bruce Robertson (James McAvoy) ein echtes Arschloch ist. Karrieregeil, intrigant, amoralisch. Stellenweise mehr Tier als Mensch. Und Polizist. Und um endlich zum Inspector ernannt zu werden, ist dem Schotten jedes Mittel recht. Denn dann würde er nicht nur endlich etwas mehr Ansehen bekommen, auch mit seiner Frau Carole (Shauna Macdonald) sollte dann wieder alles besser laufen. Sagt sie zumindest. Und hofft er. Doch dann kommt ihm eine Mordermittlung in die Quere, die ihn immer weiter aus der Bahn zu werfen scheint. Und zwischen Weihnachtsfeier und Silvester öffnet sich für unseren zweifelhaften Helden das Tor zu einer wahren Höllenfahrt.

Szenenbild 1

Es ist schlicht beeindruckend, mit welchem Geschick James McAvoy seinen Bruce darstellt. Denn natürlich wird einem dieser Mistkerl niemals sympathisch, doch abwenden kann man sich auch nicht wirklich. Dafür ist er zu charismatisch in seiner Bosheit, und vor allem gegen Ende zu tragisch in seinem Fall. Und wenn McAvoy dann, teilweise binnen Sekundenbruchteilen, zwischen animalischer Gier und wahnhafter Verzweiflung wechselt und gefühlt von Patrick Bateman zu Norman Bates zu springen vermag, dann zeigt sich auch endlich mal das volle Talent des schottischen Mimen.

Da ist es dann auch verzeihlich, dass die Hauptfigur an vielen Stellen in eher gewohnten Bahnen verweilt und nur vereinzelt wirklich bemerkenswerte Abscheulichkeiten verbricht und dass der Rest der Besetzung eher blass und im Hintergrund bleibt.

Szenenbild 2

Auch sollte man sich vor dem Lösen des Kinotickets im Klaren darüber sein, dass „Drecksau“ nur zu Beginn die vom Filmmarketing versprochene schwarze Komödie an der Grenze des geschmacklich Erträglichen darstellt. Denn eigentlich erhalten wir den wundervoll gespielten Psychotrip eines vollständig kaputten Geistes, einen schmerzhaft tiefen Fall mit nur vage angedeuteten Möglichkeiten zur Rettung. Entsprechend wird der Film mit fortschreitender Handlung immer weniger lustig, aber dafür umso faszinierender.

Auch ansonsten überzeugt der Film eher durch Skurrilität denn durch reine Komik, z.B. mit einem herrlich irren Jim Broadbent als Arzt, der Bruce in kleinen Visionen die hochinteressanten Eigenheiten von Bandwürmern aufzeigt – natürlich eine klare Referenz an die eingangs erwähnte Buchvorlage. Solche kleinen Einschübe würzen gemeinsam mit dem stets wundervoll treffend ausgewählten Soundtrack die flüssig und kurzweilig erzählte Handlung, die im letzten Drittel herrlich mitreißend das Schicksal unseres verabscheuungswürdig faszinierenden Antihelden abschließt. Wer auf überraschende Wendungen abfährt, könnte hier zudem einen netten Twist erhalten, der zumindest nicht komplett vorhersehbar war. Und auch wenn er trotzdem nicht wirklich neu ist, ist er doch hübsch passend.

Szenenbild 3
Fazit:
„Drecksau“ ist nur bedingt komisch, aber dafür herrlich abgründig. Und auch wenn er nicht an allen Stellen überzeugen kann, so sind das das großartige Spiel von James McAvoy und der Sog, den das Ende des Films entwickeln kann, mehr als genug Gründe, sich auf diesen Scheißkerl namens Bruce Robertson einzulassen. Sofern man schwarzen Humor verträgt und dramatische Psychospiele mag, versteht sich. 7/10 Punkte.

 

P.S.: Oh, übrigens – Sollte man die Wahl zwischen Synchronfassung und Originalversion haben, sollte man unbedingt bedenken, dass das im Film gesprochene Schottisch dem üblichen Englisch teilweise nur so nahe ist wie das tiefste Bayrisch dem Hochdeutschen. Für ein Mindestverständnis sollte man bei fehlenden Zusatzkenntnissen also vielleicht wenigstens eine OmU-Fassung avisieren

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Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →