Lucy Hauptplakat

Lucy (OV-Sneak vom 04.08.2014 im Cinestar)

Plakat

Originaltitel: Lucy

Laufzeit: 89 Minuten

FSK: ab 12 Jahren

Besetzung: Scarlett Johansson, Morgan Freeman, Amr Waked, Choi Min-sik

Regie: Luc Besson

Ab dem 14. August in den Lichtspielhäusern.

 

Passend zum Film beginnen wir die Inhaltsangabe mit ein wenig unnützem Wissen: Die Überreste eines unserer frühesten aufrecht gehenden Vorfahren wurden von ihren Entdeckern mit einem dem Beatles-Hit „Lucy in the Sky with Diamonds“ entlehnten Namen versehen. Die Forscher hörten nämlich zufällig eine Beatleskassette am Abend nach dem Fund. Und während du, werter Leser, dich vielleicht noch fragst, was wohl wäre, wenn die besagten Entdecker eher Fans von Black Sabbath gewesen wären, sei dir eine andere Dame namens Lucy vorgestellt (gespielt wird sie von Scarlett Johansson): Über die wissen wir zu Beginn nicht wirklich irgendwas, aber ihr tumber Freund und ihr nicht wirklich erlesener Kleidungsstil lassen eher auf durchschnittliche Ausprägungen in allen Belangen schließen. Der bereits erwähnte tumbe Freund wird unsere Heldin allerdings rasch in eine ganz miese Drogensache verwickeln, an deren Ende sie dank einer ordentlichen Überdosis einer superneuen Superdroge zum nächsten Schritt der menschlichen Evolution werden könnte. Inklusive Gedankenlesen, spontanen Frisurwechseln und der lustigen Angewohnheit, angriffslustige Schläger einfach an der Zimmerdecke zappeln zu lassen. Wo das hinführen soll, weiß Lucy selbst noch nicht so recht, aber ein flugs herbeigeschaffter Experte in Sachen Klug-über-das-Hirn-Schwafeln (Morgan Freeman) kann da ja vielleicht Abhilfe schaffen.

Und in einer niedlichen Nebenhandlung geht es dann noch um den Drogenschmugglerring, der all das zu verantworten hat. Dessen Chef Mr. Jang (Choi Min-sik) will nämlich seine Superdrogen zurück und hat einiges an Waffengewalt, um damit ein bisschen auf den Putz zu hauen. Was der Pariser Drogencop Pierre del Rio (Amr Waked) nicht so gerne sieht, denn natürlich musste Lucy von allen europäischen Hauptstädten ausgerechnet in seine kommen.

Szenenbild 1

Auf dem Papier dürfte „Lucy“ ein ziemlich interessantes Gedankenspiel in einem ansprechenden und massenkompatiblen Gewand gewesen sein. Ein paar hübsche Ideen darüber, wie sich die Fähigkeiten des menschlichen Geistes wohl weiterentwickeln könnten, eingebettet in eine fetzig inszenierte, actionreiche Story und abgewürzt mit Scarlett Johansson, denn die zieht ja immer. Aber leider, leider überzeugt das Konzept halt nur auf dem Papier.

Das zeigt sich schon ganz zu Beginn. Regisseur Luc Besson, der es eigentlich weit genug gebracht haben müsste, um Niemandem mehr irgendwas beweisen zu müssen, inszeniert die Exposition seines Werks überraschend unsicher und schneidet z.B. niedliche, kleine Clips von Gazellen und Leoparden dazwischen, damit ja auch klar wird, dass die gezeigte Situation eventuell eine bedrohliche ist. Solche Illustrationen zur Rückversicherung des Interesses des Zuschauers und teilweise wohl auch als Zeugnis von fehlendem Vertrauen in dessen Fähigkeit, den Gedankengängen des Films aus eigener Kraft folgen zu können, finden sich in unschöner Regelmäßigkeit über den ganzen Film verteilt. Klar, sowas macht einen Film leichter verständlich, aber trotzdem kann man das weitaus zurückhaltender und vor allem stilsicherer einbauen. Woher also diese immense Unsicherheit?

Szenenbild 2

Vielleicht fühlte sich Besson ja schuldig für die faule Recherchearbeit, die er betrieben hat und die über die alte Mär von der ungenutzten Gehirnkapazität nicht nennenswert hinausging. Und die auch nicht wirklich gut weitergedacht wurde, da die Fähigkeiten, die Lucy im Laufe ihrer zunehmenden Kontrolle über ihr Hirn hinzugewinnt, keiner echten Logik folgen, sondern sich eher nach dem richten, was in der jeweiligen Szene halt gerade gebraucht wird. Vielleicht wurden die Kräfte auch einfach nur in der Reihenfolge eingebaut, in der sie Besson und seinem Team einfielen, wer weiß. Zehn Minuten länger hätte man auf jeden Fall drüber nachdenken können. Oder wenigstens vorher mal „Ohne Limit“ schauen sollen, wo das Thema der weiterentwickelten Geisteskräfte schon weitaus stimmiger abgehandelt wurde. Dann wären die paar kreativen Ideen, die es in „Lucy“ tatsächlich gab, vielleicht nicht so erbärmlich untergegangen.

Und auch die Handlung hätte man etwas besser durchdenken können – Ist die ganze Drogenschmuggler-Nebenhandlung doch viel zu deutlich ein verzweifelter Versuch, ein bisschen zusätzliche Spannung zu erzeugen und eine Ausrede für ein paar tatsächlich ganz hübsch gewordene Actionszenen zu bekommen. Denn eine echte Bedrohung sollten die Typen für jemanden wie Lucy nun wirklich nicht sein. Na ja, wenigstens kam man nicht auf die dämliche Idee, sich irgendein Kryptonit für seine Superheldin zu basteln.

Immerhin, handwerklich erweist sich der Film als grundsolide, wenn man von den ja bereits bekrittelten unnötigen Schnörkeln zur Illustration des Gesagten mal absieht. Auch die Darsteller machen einen guten Job, allen voran Morgan Freeman in seiner üblichen Rolle als weiser Opa und natürlich Scarlett Johansson als arschtretende Super-Duperheldin. Aber die beiden ziehen ja letztlich auch immer.

Szenenbild 3
Fazit:
Ein bisschen amüsant ist es ja schon: Nach dem handwerklich enttäuschenden und inhaltlich arg abgehobenen „Transcendence“ erhalten wir mit „Lucy“ quasi das direkte Gegenstück – Handwerklich ohne Tadel, aber inhaltlich viel zu unausgegoren und unsicher. Wenn jetzt jemand noch aus den Fehlern beider Filme lernen könnte, hätten wir einen Film, der in Perfektion Themen mit Tiefgang in leicht verdaulicher Umsetzung präsentieren würde. Für den vorliegenden Film gibt es bis dahin wenigstens noch ganz nett anzuschauende 6/10 Punkte.
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Lucy (OV-Sneak vom 04.08.2014 im Cinestar), 6.3 out of 10 based on 3 ratings

Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →