Upside Down Hauptplakat

Upside Down (Sneak vom 12.08.2013 im Cinestar)

Plakat

Originaltitel: Upside Down

Laufzeit: 109 Minuten

FSK: ab 6 Jahren

Besetzung: Kirsten Dunst, Jim Sturgess, John Maclaren, Timothy Spall

Regie: Juan Solanas

Ab dem 22. August in den Lichtspielhäusern.

 

Es ist definitiv nicht unsere Welt, die Adam (Jim Sturgess) und Eden (Kirsten Dunst) bewohnen. Das fängt schon damit an, dass wir hier von zwei Welten sprechen, die direkt übereinander stehen. Und auf jeder Welt wirkt eine andere Schwerkraft, die nur die von ihr entstammende  Materie anzieht. Materie der anderen Welt, jeweils „inverse Materie“ genannt, scheint hingegen nach oben zu „fallen“. Außerdem setzt der Kontakt beider Materieformen unweigerlich Energie in Form von immer stärkerer Hitze frei. Und auch ansonsten bleibt der Kontakt beider Welten nicht ohne Reibung, denn während die Bewohner der „oberen“ Welt keinen Mangel zu kennen scheinen, haben die der „unteren“ umso größere Probleme, hauptsächlich weil sie von den „Oberen“ ausgebeutet werden. Kontakt zwischen beiden Völkchen ist selbstverständlich streng restringiert, und da kommen wir auch schon zum Romeo-und-Julia-Plot des Filmes.

Denn natürlich ist Adam ein armer „Unterer“ und Eden eine privilegierte „Obere“, trotzdem verlieben sich die beiden in jungen Jahren ineinander und beginnen ein heißes, aber auch zugiges Techtelmechtel im beide Welten fast verbindenden Gebirge. Dass das junge Glück nicht von steter Dauer sein wird und unsere beiden Liebenden bald eine rasche wie brutale Trennung erfahren dürfen, versteht sich von selbst. Genauso wie der glückliche Umstand, der unseren Adam nach einem zehnjährigem Leben jenseits von Eden (Verzeih, dieses mittelmäßige Wortspiel, werter Leser, aber die Versuchung war unüberwindlich) ein Lebenszeichen seiner Herzensdame liefert. Unser Held fasst also genug Mut, sich den Gegebenheiten sowohl seiner Gesellschaft als auch der Physik selbst entgegenzusetzen.

Szenenbild 1

Da sind sie ja, die kreativen Ideen. Denn „Upside Down“ liefert die vielleicht originellste Grundidee der letzten Jahre und zeigt zur Abwechslung mal wieder, das das phantastische Genre doch noch zu mehr taugt als Tolkien-Abklatsch oder Urban-Fantasy-Romantik-Kitsch. Leider wird die interne Logik des Konzepts an mehreren Stellen aber dennoch arg strapaziert: So fällt es Adam zu Beginn erstaunlich leicht, die fast gleichschwere Eden an einem Seil zu sich herabzuziehen und gerade beim beide Welten verbindenden Turm des  „TransWorld“ -Konzerns scheinen die ansonsten allgegenwärtigen Hitzeprobleme bei inverser Materie durch gnädige Abwesenheit zu glänzen. Hier hätte man wohl auch noch ein paar Minuten mehr nachdenken können, anstatt sich von der eigenen Grundidee blenden zu lassen. Aber andererseits finden sich auch sehr viele Ansatzpunkte, die schlicht großartig sind. Etwa die herrliche Achterbahnfahrt einer schwerelosen Flucht, die die inversen Verliebten ihren Verfolgern liefern oder das wundervolle „Café Dos Mundos“, in dem Tanz und Genuss in zwei Himmelsrichtungen möglich sind, beleuchtet von einem herrlichen Riesenlüster.

Aber auch jenseits dieses wundervollen Etablissements erwarten den Zuschauer unzählige Augenweiden. Seien es schlicht die niemals langweiligen Panoramen, seien es die herrlichen Wetterphänomene im Gebirge, sei es der doppelte Alptraum eines Großraumbüros in der Mitteletage des TransWorld-Turms oder sei es schlicht der atemberaubende Moment, in dem sich Adam nach seinem zweiten Ausflug in die Oberwelt zurück in seine eigene fallen lässt – „Upside Down“ ist sichtlich bemüht, einem mit seiner visuellen Kraft  immer wieder aufs Neue die Kinnlade gen Boden zu schicken. Und schafft es auch in angenehmer Regelmäßigkeit. Und spätestens dafür verzeiht man dem Film dann auch seine manchmal noch etwas halbgaren Ideen und verabschiedet sich gern für etwa zwei Stunden von den viel langweiligeren realen Naturgesetzen.

Szenenbild 2

Deutlich schwieriger könnte es da sein, sich auf die Handlung selbst einzulassen. Denn die ist eine Romanze wie sie im Buche steht und damit hochgradig Geschmackssache. Immerhin, sie ist großartig kurzweilig erzählt und lebt von ihren sympathischen Figuren und tollen Schauspielern. Wobei natürlich gerade Jim Sturgess (der ja schon mithalf, „Zwei an einem Tag“ zu einem der schönsten Schmachtfetzen dieses noch jungen Jahrhunderts zu machen) und Kirsten Dunst (die das niedliche Liebchen ja mittlerweile blind spielen könnte) einen Riesendienst erweisen und lassen beim gemeinsamen Spiel eine herrliche Chemie zwischen einander aufkommen, die für solch einen Film natürlich überlebensnotwendig ist. Aber auch in den Nebenrollen finden sich großartige Darsteller wie z.B. Timothy Spall als liebenswürdig-kauziger Oberweltsmalocher und rascher Kumpel unseres Adams.

Kinogänger mit Romatikallergie dürften davon zwar wenig beeindruckt sein, aber wer sich nur vor Schmalz und Kitsch fürchtet, sollte sich trotzdem guten Mutes in „Upside Down“ wagen. Denn die Belohnung ist nicht gering.

Kurz noch etwas zur Dimensionalität des Films: Da die Sneak-Fassung auf 3D verzichtete, ist es natürlich schwer, etwas über Qualität und Wirkung der Tiefeneffekte zu sagen. Vor allem die schon erwähnte schwerelose Flucht der Hauptfiguren könnte tatsächlich durch diese Effekte noch einiges an Spaß dazugewinnen, bei der restlichen Optik ist dies schwerer zu sagen. In jedem Fall ist „Upside Down“ auch in 2D eine optische Wucht, falls also der Geldbeutel etwas schmaler ist, sollte man sich nicht schämen müssen, auf ein solches Angebot einzugehen (sofern der Film natürlich überhaupt auch in 2D verfügbar sein sollte). In jedem Fall aber sollte man sich diesen visuellen Rausch auf größtmöglicher Leinwand gönnen.

Szenenbild 3
Fazit:
Es gibt schon ein paar Kröten, die man schlucken muss, von ganz vereinzelten Logikaussetzern bis hin zur alten Liebesgeschichte. Doch hat man dies hinbekommen, erwartet einen vor allem in visueller Hinsicht ein unvergleichlicher Genuss, dessen originelle Grundidee zusätzlich für ein frisches Prickeln auf der Zungenspitze sorgt und dessen erstklassige Schauspieler ein schön warmes Gefühl im Abgang erzeugen. Gesättigte 8/10 Punkte gibt’s dafür.

 

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Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →