ChildrenOfTheSea Cover

Children of the Sea

Plakat

Originaltitel: Kaijû no kodomo

Laufzeit: 112 Minuten

FSK: ab 6 Jahren

Besetzung (dt. Synchronfassung): Léa Mariage, Ben Hadad, Dirk Petrick, Tom Raczko, Marie Bierstedt

Regie: Ayumu Watanabe

Im Verleih von Polyband.

Seit dem 27. März fürs Heimkino erhältlich.

Irgendwie hatte Ruka sich die Sommerferien deutlich anders vorgestellt. Auf jeden Fall sollten sie nicht damit beginnen, dass sie aus dem Handballteam ihrer Schule fliegt! Aber was soll’s, dann ist wohl Umplanen angesagt. Und als sie bei einem Besuch in dem Aquarium, in dem ihr Vater arbeitet, auf den mopsfidelen Umi trifft, nehmen ihre Ferien tatsächlich einen komplett eigenen Verlauf. Denn Umi und sein Bruder Sora, die von Dugongs (einer Seekuh-Art) aufgezogen wurden und sich dementsprechend im Wasser komplett zuhause fühlen, werden sie auf ein Abenteuer mitnehmen, dass sie zu einem einzigartigen Ereignis in den Tiefen des Meeres führen wird. Ruka weiß es noch nicht, doch dieser Sommer wird unvergesslich.

Szenenbild 1

Ein Film von Studio 4°C ist immer ein Erlebnis, und niemals einfach nur gewöhnliche Anime-Kost. Das beweisen schon die letzten beiden Produktionen des Anime-Studios, einerseits der optisch und auch ansonsten schlicht wunderbar abgedrehte „Mutafukaz“ und andererseits „Harmony“, die vielleicht beste Dystopie seit Jahrzehnten. Optisch als auch thematisch grundverschieden, sind beide Filme dennoch vor allem eines: außergewöhnlich. Und „Children of the Sea“ kann da locker mithalten.

Auch hier ist die Optik anders als bei den meisten anderen Anime-Filmen: Die Figuren haben alle etwas Fremdartiges an sich. Vor allem fischartige Augen fallen mehrfach auf, aber das ist nicht alles. Die Zeichnungen der Charaktere wirken insgesamt eher grob, was einen interessanten Eindruck hinterlässt. Fast schon gegensätzlich dazu sind die nahezu fotorealistischen und wundervoll detailverliebten Hintergründe. Meisterlich wird hier mit Licht und Schatten Stimmung geschaffen, und die Hitze und Luftfeuchtigkeit des sommerlichen Japans werden wunderbar spürbar. Vereinzelt werden mittels gut eingesetzter Computeranimationen auch dynamische „Kamerafahrten“ umgesetzt. Bei „Harmony“ vor drei Jahren waren erste Versuche davon noch ein Grund zur Kritik für uns, in „Children of the Sea“ schließlich kann diese Technik nun viel besser überzeugen.

Szenenbild 2

Auch die Handlung des Films überzeugt, erstens mit klassischen, sehr gelungen Anteilen von Coming of Age und Slice of Life. Wir lernen Ruka als junges Mädchen kennen, das mit anderen Altersgenossen nicht so gut klarkommt, bis sie mit Umi einen sehr passenden Gegenpol findet, und sich eine große Freundschaft entwickelt. Zweitens gibt es in „Children of the Sea“ eine fantastische Geschichte um ein sagenhaftes Fest in den Tiefen des Meeres, abgehalten von den verschiedensten Meereslebewesen. Dieses Fest bekommen wir aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Und neben der abenteuerlustigen Perspektive der Brüder Umi und Sora, bekommen wir auch noch die rationale Sichtweise einiger Wissenschaftler vermittelt, die gemeinsam mit Rukas Vater arbeiten, und schließlich auch die mystisch-spirituellen Ansichten einer Ainu-Ureinwohnerin. Was sich als sehr guter Kniff herausstellt, da man auf diese Weise nie an ein klassisches Zeichentrick-Unterwasserfest à la „Arielle, die Mehrjungfrau“ denkt, denn das käme dem Finale des Films nicht mal im Ansatz nahe.

Und dieses Finale ist schließlich auch das klare Herzstück des ganzen Films, und der eigentliche Grund, warum „Children of the Sea“ ein wahrhaft außergewöhnlicher Film ist.

Szenenbild 3

Den Zuschauer erwartet ein etwa fünfzehnminütiges Spektakel aus fantastischen Bildern, die mal mehr, mal weniger assoziativ erzählen, was Ruka auf diesem sagenhaften Fest miterlebt. Auf die Gefahr hin, einen Vergleich zu machen, der unfair hohe Erwartungen wecken könnte: Das Ende von „Children of the Sea“ weckte faszinierende Erinnerungen an das Finale von Stanley Kubricks Meisterwerk „2001: Odyssee im Weltraum“. Nur ist es dann doch etwas konkreter, und man kann sich schon ganz gut zusammenreimen, was genau passiert. Aber es ist ähnlich beeindruckend, und so herrlich entspannend. Auch die orchestralen Klänge, die den Film begleiten, sind an dieser als auch allen anderen Stellen eine schöne, passende Untermalung. Und wenn das Fest dann schließlich vorbei ist und wir gemeinsam mit Ruka noch ein paar Details mehr dazu erfahren, dann kann es sein, dass die Erklärungen dazu alle etwas zu esoterisch daherkommen. Doch selbst wenn das der Fall ist, verbrachten wir dennoch einen definitiv außergewöhnlichen Sommer mit Ruka. Und das ist doch auch mal was.

Szenenbild 4

Ganz und gar gewöhnlich hingegen ist die Ausstattung der uns vorliegenden Blu-ray: Gerade mal zwei Trailer zum Film (nur im japanischen Original; hier wären ein paar Untertitel wirklich nützlich gewesen), eine kurze Featurette zur Entstehung des Plakatmotivs und eine zur CGI findet sich darauf. Außerdem natürlich die deutsche und die japanische Tonspur, mit optionalen deutschen Untertiteln. Nun, immerhin die Plakat-Featurette ist sehr schön, hier bekommen wir in einem zweiminütigen Zeitraffer-Video gezeigt, wie das Covermotiv der Blu-ray handgezeichnet wird. Insofern wollen wir hier gar nicht so lange meckern. Also direkt zum Fazit.

Fazit:
Wer sich a) nach Japan, b) ans Meer und c) in den Sommer entführen lassen will, der kann sich gern zusammen mit Ruka auf ein schönes, kleines Abenteuer einlassen. Die Reise verspricht ein (hier ist das Wort noch einmal:) außergewöhnliches Erlebnis und ein selten schönes Spektakel. Was uns gut und gerne 8/10 Punkte wert ist.

Trailer auf Youtube ansehen.

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Über den Author:

MartinLiebt das Kino als natürlichen Lebensraum großartiger Filme, wobei „großartig“ für ihn all das ist, was das Hirn zermartert oder das Herz zerreißt – jeweils im Guten wie im Schlechten und gern auch beides auf einmal. Schwärmt derzeit am liebsten über „Irresistible – Unwiderstehlich“, „The Hunt“ und „Violet Evergarden und das Band der Freundschaft“ – außerdem immer wieder gern über „Weitermachen Sanssouci“ und „One Cut of the Dead“.Zeige alle Artikel von Martin →